Europa

Der Wandernde Leuchtturm 🇩🇰

Exakt im Jahre 1900 wurde dieses unwiderstehliche Gebäude an der dänischen Nordwestküste eingeweiht. Damals stand er auf einer gerade einmal 2 Meter hohen Düne und navigierte die Schiffe entlang der Nordseeküste. Seinerzeit ahnte wohl niemand, welche unfassbare Reise dieses Bauwerk zurücklegen wird.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts blies der Wind große Mengen Sand von der Steilküste herauf. Rudjerg Knude Fyr drohte in den Massen der Sandkörner flächendeckend zu versinken. Wiederholte Rettungsaktionen schlugen fehl. Die Dänen gruben ihren Leuchtturm unzählige Male aus und fuhren Tonnen an Sand weg. Durch den starken Wind wanderte Knude ständig weiter und die, ehemaligen zwei Meter hohen Dünen, erreichten schließlich eine Größe von über 50 Meter. Der Leuchtturm war von Meer aus nicht mehr zu erkennen.

Auch die Bepflanzung durch Kiefernzweige, welche in den Sand gesteckt wurden, hielt die Wanderdüne nicht auf. Anfang der 90er Jahre musste die dänische Regierung einsehen, dass man gegen die Kräfte der Natur keine Möglichkeit hat und lies ihre faszinierende Wanderdüne vom Hacken. Seit diesen Tagen bekommt man in der Region Nordjütland wunderschöne und gleichzeitig äußerst skurrile Bilder zu sehen.

Die Düne wandert Richtung Nordosten und legt schätzungsweise ein bis zwei Meter im Jahr zurück. (Ihr könnt euch dieses Phänomen wie eine einzige Welle vorstellen, die einsam und langsam durch den Ozean gleitet und alles mit sich reißt). Im Jahre 2012 hatte sie unseren Leuchtturm gänzlich passiert, aber trotzdem drohte er gegenwärtig endgültig über die Klippen ins offene Meer zu stürzen. Die dänische Regierung war gezwungen, zu handeln. Zuerst wollte man den Leuchtturm in seine Einzelteile zerlegen, in der Hoffnung ihn an einem sicheren Ort wieder aufbauen zu können. Aber es kam völlig anders. Nach dem Motto: „Wer nichts wagt, der nicht gewinnt“, entschloss sich das Königreich einen noch nie dagewesen Umzug zu unternehmen. Spätsommer 2019: das ganze Land hielt den Atem an und fieberte mit. Die Rettungsaktion war ein voller Erfolg, Rudjerg Knude Fyr wurde unverletzt und unbeschadet um siebzig Meter versetzt.

Unser Leuchtturm hatte die Glücksengel auf seiner Seite, ungeachtet dessen ist sein Schicksal nur ein kleines Kapitel dieser Wanderdüne. Die Umrisse von zahllosen Gebäuden, die nicht gerettet werden konnten, zieren die Küstenlandschaft Nordjütlands. Kleine Betonmauern, abgerissene Ziegelsteine oder Relikte des Ersten und Zweiten Weltkrieges hatten weniger Glück. Einige Beispiele könnt ihr in der obigen Bildergalerie bewundern. Die gewaltige Düne wandert uneingeschränkt weiter und der dänischen Regierung stehen neue Herausforderungen bevor. Derzeit wird überlegt, wie man die einzige, große Landesstraße (E 40), welche den nördlichsten Ort Skagen mit dem Landesinneren verbindet, retten kann.

Die einzigartige Aussicht vom Leuchtturm, kurz vor seinem Umzug

Warum erzähle ich euch die Geschichte eines Ortes, den ich zum ersten Mal bereits vor einigen Jahren besucht habe? Ganz einfach, weil dieser Leuchtturm aller Voraussicht nach der entscheidende Anstoß für all die zukünftigen Reisen war. Über einen, ca. zwei Kilometer langen Pfad, wandert man quer über die Dünen, bis man dieses sagenhafte Bild erblickt. Alles passte perfekt zusammen. Traumhafter Sonnenschein, glasklarer, blauer Himmel und weit und breit keine Menschenseele. Eine Atmosphäre, die mir bis dahin völlig unbekannt war und eine Landschaft und deren Geschichte, die derart einmalig ist, dass man sie nicht in Worte fassen kann. Dieser Moment in deinem Leben, den du nie vergessen wirst. Seit dieser Begegnung nenne ich derartige Momente: „Jäger des Augenblicks“ …-… und bin völlig süchtig danach geworden.

Know Before You Go: Der Parkplatz für die Wanderung zum Leuchtturm ist nur mit einem eigenen Auto erreichbar. Die nächstgrößere Stadt Aalborg befindet sich ca. 70 Kilometer südlich.