Moldau

If you go to Moldova you expect nothing! Besser kann man die Vorbereitung auf die Republik Moldau nicht beschreiben. Der renommierte Reiseführer Lonely Planet kürte in jüngster Vergangenheit die Top 10, der „Am wenigsten besuchten Länder der Welt“ und Moldau sicherte sich die Silbermedaille. Herzlichen Glückwunsch! Hand aufs Herz, was wisst ihr über diesen Staat? Wisst er, wo ihr liegt oder den Namen seiner Hauptstadt? Wie heißt die Landessprache? Was gibt es hier zu sehen? All diese Antworten kann euch Wikipedia geben, aber wenn ihr die zwei wichtigsten Fragen wissen wollt, müsst ihr mit mir diese Reise starten.

 

Die Moldauer sind das freundlichste Volk, das ich kennenlernen durfte, aber sie zittern Tag täglich um ihre Zukunft, warum?

Im Osten der Republik liegt ein Geheimnis, eine Reise zurück in die Vergangenheit, was ist hier geschehen?

Die schönen Fotos, die lustigen Videos, die ihr von meinen vorigen Reiseberichten kennt, werdet ihr hier nicht finden. Der signifikante Humor, meine etwas ironische Art, meine Erlebnisse zu schildern, werdet ihr vermissen. Dies passt einfach nicht zur Geschichte und zur aktuellen Lage, dieses Landes.

 

Eine klassische Must-Sees-Liste gibt es nicht, wer sich nach Likes 👍 für seinen Facebook oder Instagram Account sehnt, ist hier vollkommen fehl am Platz. Damit ihr die aktuelle Lage nachvollziehen könnt, werde ich euch ein paar trockene Fakten präsentieren. Das durchschnittliche Monatseinkommen beträgt gerade einmal 200 Euro, die monatliche Pension wird auf 50 Euro festgelegt. Obwohl Moldau kein Teil der Europäischen Union 🇪🇺 ist, arbeitet mehr als die Hälfte der Moldauer im EU Ausland. Dieses hart verdiente Gehalt wird umgehend in die Heimat geschickt, um die regionalen Existenzen zu sichern. Moldau und das benachbarte Rumänien 🇷🇴 haben einen eigenen, kontrovers diskutierten, Deal. Jeder Moldauer hat die einfache Möglichkeit (gegen ein gewisses Kleingeld versteht sich 😉), sich einen zweiten, rumänischen Reisepass zu organisieren, welche ihnen das Arbeiten in den EU-Ländern ermöglicht. Der Großteil der Bevölkerung demonstriert für einen baldigen Eintritt in die Europäische Union. Die Verhandlungen sind aber schon seit Jahren auf Eis gelegt, und der Grund dafür, ist das Geheimnis im Osten des Landes, mit dem wir uns später ausführlich, beschäftigen werden.

 

Zusammengefasst: Die Republik Moldau ist das ärmste Land Europas! Geringes Einkommen, kaum In- oder Exportgeschäfte und eine überdurchschnittliche Arbeitslosenquote. Und obwohl dieser Staat eine russische Geisel ist, besitzt es die freundlichste und hilfsbereiteste Bevölkerung, die ich je kennenlernen durfte.

 

Vielleicht kennt jemand von euch dieses Gefühl: Liebe auf den ersten Blick? Was das zwischenmenschliche betrifft, halte ich für einen Mythos 😅, aber was die geografische Komponente betrifft …, ja, es hat mich voll erwischt 🥰, das allererste Mal.

 

Vollkommen ausgelaugt und müde lande ich am einzigen Flughafen des Landes, in der moldawischen Hauptstadt Chişinău. Die Größe des Flughafens und die Frequenz der Flüge erinnern mich stark an den Geisterflughafen unseres südlichsten und schönsten Bundeslandes (sorry, liebe Steirer 😉, aber sehen wir der Realität ins Auge). Es ist kurz vor Mitternacht, irgendeine Form von Navigation oder Wi-Fi 🤔 – Fehlanzeige!  Das Flughafengelände gleicht einem Friedhof und das einzige, was sich vor Ort befindet, ist ein kleiner, leerer Trolleybus. Da dies das alleinige Fahrzeug weit und breit ist, halten sich meine Alternativen in Grenzen und ich spring einfach rein. Ein paar weitere Fahrgäste steigen hinzu und der altmodische Bus rollt langsam Richtung ja 🤔, ich hoffte mal Richtung Zentrum. Eine ältere Dame steuerte mich an und kassierte den Betrag für die Fahrt: 2 Moldawische Leu = 9 Cent. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich nicht die leiseste Ahnung, wo ich eigentlich hin musste und dies konnten mir meine Mitfahrer deutlich ansehen. Zum Glück hatte ich den Ausdruck meiner booking.com Buchung dabei, allerdings ohne jegliche Navigation bzw. Straßen Kenntnisse 🤔.

 

Wenige Minuten später sammelten sich alle anderen Passagiere um mich herum und versuchten mir mit Händen und Füßen zu erklären, wo ich aussteigen sollte und wie ich zu meiner Unterkunft finde. Die ganze Situation erinnerte mich an eine Szene aus einer SitCom. Ihr müsst euch vorstellen: Der Bus war wahrscheinlich aus den 70er-Jahren, die Straßenverhältnisse waren miserabel und die Leute (inklusive meiner Wenigkeit) wurden kreuz und quer, durch den Bus geschleudert. Durch diese ständige Rotation hatte immer ein anderer Passagier die beste Position, um mir meinen weiteren Weg zu erklären.

 

Später begriffen sie alle, dass es keinen Sinn ergibt mir irgendetwas zu erklären, da sich mein Rumänisch genauso in Grenzen hielt, wie das Englisch der anderen Parteien. Sie bildeten einen Kreis, tüftelten wohl einen Plan heraus und dann beruhigte sich die Lage. Ein jüngeres Pärchen zeigte mir, mit einer ruhigen Handbewegung an, dass ich ganz entspannt sitzen bleiben soll. Die Botschaft: Ganz ruhig, wir machen das schon. Obwohl ich vollkommen erschöpft war und diese chaotische Situation mich herausforderte, hatte ich prompt das beruhigende Gefühl, ich könnte hier doch noch heil aus der Sache herauskommen. Der Trolleybus hielt an, das besagte Pärchen stieg mit mir aus, und sie begleiteten mich, durch die finstere Nacht, bis vor die Türe meines Hostels. Obwohl ich doch ein etwas exklusiveres Zimmer gebucht habe (mit einem Preis von ca. 5 Euro, lag es weit über dem durchschnittlichen Niveau der moldawischen Gastfreundschaft), waren die finstere Gegend und die engen Gassen leicht angsteinflößend. Es benötige seine Augenblicke bis mein Host mich entgegennahm, aber dieses Pärchen wartete bis zu diesem Zeitpunkt, um Gewissheit zu haben, dass ich nicht in den Straßen von Chişinău verlogen gegangen bin.

 

Diese, zugegeben etwas langwierige und unspektakuläre Geschichte soll euch nur zeigen, wie die Moldauer ticken. Diese Erfahrung hat sich im Laufe meines Aufenthaltes ständig wiederholt. Die herzliche Hilfsbereitschaft, die ununterbrochene Freundlichkeit (ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten) kannte ich vorher nur aus Georgien 🇬🇪. Das bestätigt wieder eine meiner Thesen: Desto ärmer die Menschen sind, desto hilfsbereiter und freundlicher sind sie.

 

Chişinău ist mit seiner halben Millionen Einwohner bestimmt keine Augenweide und die interessanten Dinge kann man auf einem Finger abzählen. Aber wisst ihr was, wen interessiert das? Hier geht es nicht darum mit der Kamera durch die Stadt zu laufen, hier geht es rein darum, die Mentalität und die Einstellung der Menschen kennenzulernen. Leute! Ihr wisst nicht, wie verdammt froh wir sein können, in unserem Land zu leben, vergesst das bitte nie! Gerade in diesen Tagen wurde mir bewusst, was es für ein verfluchtes Privileg ist, Österreicher zu sein.

 

Das Wetter war während des gesamten Aufenthaltes grässlich bis brutal hinterhältig, aber in meinen Gedanken und meinen Herzen schien trotzdem nur die Sonne. (🙈 klingt das kitschig, überhaupt nicht meins, aber es war einfach so). Durch die hohe Anzahl der wunderbaren Parks wird Chişinău auch als grüne Oase Osteuropas bezeichnet. Aber abgesehen davon ist die Hauptstadt eine langweilige Mischung aus ehemaligen, sowjetischen Bauten, verlassenen Gebäuden und halbwegs moderner Baukunst. Als Gott die Schönheit über die Städte verteilte, ist Chişinău bestimmt nicht in der ersten Reihe gestanden.

 

Wir wissen, dass die Armut ein heikles Thema ist, aber wieso sehen wir so gut wie keine Bettler oder Obdachlose? Die Straßen und Parks sind vollkommen sauber, die befürchtete Mittellosigkeit ist nicht zu erkennen. Der Grund ist einfach zu erklären, aber wohl umso schwerer umzusetzen. In der schwarzen Vergangenheit hat die Bevölkerung eines gelernt. Wenn Wohlstand, dann nur gemeinsam! Die tödliche Schere zwischen Arm und Reich ist so gut wie nicht vorhanden. Die Menschen teilen sich einfach alles: Unterkunft, Kleidung, Lebensmittel etc., sie haben gelernt miteinander und nicht gegeneinander zu leben.

 

Zusammenhalt statt Egoismus – Kooperation statt Konkurrenz!

 

Die schöne Kathedrale, Kathedrale der Geburt des Herrn, mit ihrem separaten Glockenturm, ein hässliches, rotes Dreieck (Memorial Complex Eternity) mit der ewigen Flamme oder der Spaziergang durch das Rose Valley sind die Höhepunkte. Ein verwahrlosten jüdischen Friedhof oder ein paar bunte, orthodoxe Kirchen können noch erwähnt werden, aber das war es auch schon. Rundgang beendet.

Moldau ist berühmt für die Herstellung und Lagerung von Wein🍷. Das Weingut Mileștii Mici beherbergt den größten Weinkeller der Welt. Laut dem Eintrag im Guinnessbuch der Weltrekorde befindet sich ein 190 Kilometer langes Tunnelsystem unter dem Weingut. 55 Kilometer davon werden zur Lagerung von Weinflaschen und Weinfässern verwendet. Zur Wiederholung: 55 Kilometer! Das bedeutet ihr fährt durch einen Tunnel, der die Distanz von Klagenfurt nach Villach hat, und ihr seht rechts und links nur Weinfässer.

 

Aktuell befinden sich ungefähr 1,5 Millionen Weinflaschen unter der Erde Moldau’s und ich habe jede einzelne für euch getestet 🤪. Okay, nein, habe ich nicht, aber am Ende meiner Tour hat es sich jedenfalls so angefühlt 😅. Während des Zweiten Weltkrieges zählte dieses Tunnelsystem als sicherster Ort der ehemaligen Sowjetunion. Nach dem Krieg begann die Lagerung von regionalen Weinfässern, da sowohl die Lage als auch andere Komponente (Temperatur, Feuchtigkeit) perfekt passten. Mit den Jahren wurde dieses Weingut immer berühmter und so nutzen die größten und wichtigsten Weinhersteller der Welt die Tunnel als „Safe House“! Heutzutage lagern die exklusivsten und wertvollsten Güter im Keller, sozusagen die alkoholische Version des Saatgut-Tresors, der norwegischen Lofoten 🇳🇴.

 

So, genug geredet, jetzt wird gesoffen. Ähm, Entschuldigung, zivilisiert angestoßen natürlich. Es gibt zwei Möglichkeiten, das Mileștii Mici Weingut zu besuchen:

 

1⃣ Ihr leiht euch einen Mietwagen aus und fährt die Tunnel selbst ab. (Keine vielversprechende Idee!)

2⃣ Ihr organisiert euch in Chişinău einen Freiwilligen und lässt euch durch das Weinparadies chauffieren. (Ausgezeichnete Idee!) Sa Sdorowje 🍷(bitte nicht mit Na Sdorowje anstoßen, das ist ein globaler Irrtum) Sa Sdorowie (= auf die Gesundheit!). Ja, ich weiß, in Moldau spricht man grundsätzlich Rumänisch 🇷🇴, aber angestoßen wird auf Russisch 🇷🇺.

 

Zu meinem freiwilligen Fahrer gesellt sich noch ein Guide dazu. Zu dritt starten wir unsere Exkursion durch die Unterwelt Moldau’s. Die ganze Fahrt bzw. die Verkostung dauerte mehrere Stunden. Alle paar hundert Meter stoppte das Fahrzeug und ich bekam die Chance meinen Alkoholspiegel anzuheben. Schärft einmal eure Sinne: Eine mehrstündige Fahrt, durch den moldawischen Untergrund, nur unterbrochen durch laufende Verkostungen der besten Weine unserer Welt🤪. Grundsätzlich hätte ich nach meiner halbtägigen vormittags Weinverkostung noch etwas vorgehabt … Nein, nicht mehr möglich 🥂 🤣!

 

Eine dreiköpfige, türkische Familie 🇹🇷, war bei der Tour auch am Start. Im Laufe der ersten Stunde ignorierten sie mich, im Zuge der zweiten Stunde wurden wir Freunde und spätestens ab der dritten Stunde, hatte ich eine persönliche Einladung, für einen Türkei Besuch 😅.

Kommen wir zum Geheimnis und zum Grund warum dieses Land so besonders ist.

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Es gibt Momente, Abenteuer und Bekanntschaften, die du dir für Geld einfach nicht kaufen kannst. Über die Plattform www.toursbylocals.com lernte ich einen wunderbaren Menschen kennen. Kristina ist eine der raren Reiseführerinnen, die mit ihrer Ausbildung, ihren sprachlichen Fähigkeiten, aber vor allem mit ihrer Leidenschaft und ihrer Loyalität, versuchen den individuellen Abenteuertourismus in Moldau zu erwecken. Zwei volle Tage begleitete sie mich durch die tiefen Provinzen einer völlig unbekannten, abgeschirmten und nicht anerkannten Republik. Willkommen in Transnistrien!

 

Als 1991 die Sowjetunion zerfiel, gab Russland 🇷🇺 der Republik Moldau ein kleines Geschenk mit. Transnistrien befindet sich auf moldawischen Hoheitsgebiet, sieht sich aber als eigener souveräner Staat. Verfügt über eine eigene Währung, eigene Autokennzeichen, eine eigene Flagge und einer selbstständigen Regierung mit einem eigenen Präsidenten. Transnistrien hat sogar eine eigene Universität (ein abgeschlossenes Studium wird allerdings nur in Russland anerkannt), eine eigene Fußballmannschaft und ein eigenes Heer. Und hier startet nun der politische Irrsinn, denn dieses Heer besteht aus 1.500 Soldaten, von denen 1.400 dem russischen Mutterland unterstellt sind (inoffiziell natürlich).

 

Zweimal täglich fährt ein nostalgischer Trolleybus von Chişinău nach Tiraspol (Hauptstadt von Transnistrien). Die öffentlichen Verkehrsmittel bestehen aus den ausrangierten DDR-Bussen der 80er-Jahre. Sicherheitsgurte, Geschwindigkeitsanzeigen, funktionierte Blinker oder Fensterscheiben werden als fiktionale Zukunftsgegenstände betrachtet.

 

Die fiktive Grenze dieser beiden Staaten, sehe ich schon von weiter Entfernung auf mich zukommen, denn es wimmelt hier nur so von Polizisten und Militärsoldaten. In diesen Momenten bin ich froh nicht allein zu sein und hatte das Einreise-Briefing, welches mir Kristina vorab gegeben hatte, genau einstudiert. Die Soldaten überprüfen die Reisepässe und die Fahrt geht unkompliziert weiter …- …so, sind es die Pendler zumindest gewöhnt, wäre da nicht einer, dieser seltsamen österreichischen Touristen mit an Bord. Ich musste den Bus verlassen und dem bewaffneten Soldaten zum Check-in / Verhörraum folgen.

 

Bildliche Vorstellung: Die Grenze befindet sich inmitten der Pampa und der Check-in / Verhörraum ist eine kleine, dunkler Holzhütte, ausgestattet mit einem Tisch, zwei Sesseln und einer zwielichtigen Beleuchtung, die an alte Spionage Filme erinnert. Das Frage/Antwort Spiel geht los! Was tust du hier? Warum bist du hier? Kennst du hier jemanden? Hast du politische Absichten? Bist du Journalist? Die Journalisten Frage war die größte Baustelle, da sie meinen Rucksack inspizierten und meine zwei Kameras entdeckt haben. So musste ich glaubhaft versichern, dass ich einfach nur ein Tourist bin, der etwas exklusivere Reiseziele vorzieht.

 

Nachdem ich alles mit Bravour gemeistert habe, bekomme ich meine Migrationskarte und darf ganze 24 Stunden (!!!) im Land bleiben! In den angesprochenen Stunden ist diese Migrationskarte gleichzeitig dein Passagierschein zum Überleben. Solltet ihr sie verlieren seid ihr illegal im (inoffiziell) russischen Territorium, und glaubt mir, das wollt ihr nicht. Erleichtert und aufgeregt ging es zurück in den Bus, die wartenden Pendler, klopften mir bei meiner Rückkehr auf die Schulter 🤔 und die Expedition Transnistrien kann beginnen. 

 

Der erste Stopp führt uns zur Wehranlage Bender Fortess. Inmitten der exerzierenden (inoffiziell) russischen Soldaten zeigte mir Kristina diese Wehranlage und erzählte mir ihre Geschichte dazu. Führungen natürlich nur in militärischer Aufsicht und bitte passt genau auf, was ihr unter die Kameralinse nehmt und welche Gespräche ihr mit jedem führt.

Nach dem geschichtlichen Update gibt es ein traditionelles Mittagessen in einem klassischen Restaurant. Ihr müsst euch bitte die Bilder von dem Restaurant ansehen, damit ihr verstehen könnt, welchen unglaublichen, nostalgischen Touch dieses de-facto-Regime versprüht. Zeitweise kommt es mir vor, als wäre ich mit einem DeLorean zurück in die 60er und 70er-Jahre gereist. Eine Filmkulisse für einen sowjetischen Propaganda-Film könnte nicht realistischer sein. Dieser selbst ernannte Staat ist vollkommen zugekleistert mit Lenin Plakaten, Stalin Figuren und roten Nationalflaggen aus der guten, alten UdSSR. Wir spazieren durch eine kleine Stadt und besuchten unter anderen einen Supermarkt, die Poststelle oder ein kleines, kurioses Museum. Es ist schwer diese Gegend mit Worten zu erklären, aber es fühlte sich, wie eine Zeitreise zurück in den Kommunismus, an. Transnistrien ist übrigens der einzige Ort der Welt, an dem man den, speziell für Kosmonauten hergestellten, Wodka kaufen und trinken kann. Eine 0,75L Wodka Flasche kostet umgerechnet 70 Cent.

 

Weiter geht es in die Hauptstadt Tiraspol. Mit knapp 300.000 Einwohner das Zentrum des Regimes, allerdings herrscht hier eine gruslige Atmosphäre. Unter der Woche, nachmittags, die Sonne scheint, aber die Straßen sind ausgestorben und erinnern mich eher an einen Endzeit-Apokalypse-Film. Der Spaziergang der Hauptstraße entlang hatte Geisterstadt Flair. Wir besichtigen das Parlament, einige Gedenkstätten und das prestigeträchtige HouseofSoviets. Kristina erklärte mir die Schwerpunkte und gab mir jeweils ein Zeichen, wenn es in Ordnung war, ein paar Fotos für euch zu schießen.

 

Die Stadt ist vollkommen sauber, alle Anlagen sind perfekt gepflegt und modern. Dieses Stadtbild ist eine politische Illusion, hier wird Stärke, Macht und Souveränität symbolisiert, allerdings sieht die Realität komplett anders aus. In Transnistrien werden Menschenrechte mit den Füßen getreten, es herrscht eine Diktatur und jeder kleine Fleck wird von den russischen (offiziell natürlich moldawischen) Soldaten kontrolliert.

 

Die Republik Moldau wollte nach dem Zerfall der Sowjetunion den ehemaligen Teil ihres Landes zurückbekommen. Grundsätzlich haben sie es auch, aber kontrolliert und reguliert von einer Weltmacht, die nach ihren eigenen Regeln spielt. Keine 25 Jahre ist es her, da spielten sich rund um Tiraspol schreckliche Szenen ab. Die moldawische Regierung wollte den russischen Einfluss unterdrücken, was gleichzeitig der Beginn eines kurzen, aber brutalen Krieges, mit vielen Toten und Verwundeten war. Die Republik Moldau kapitulierte schlussendlich und akzeptierte ihr Schicksal. Solange das Problem Transnistrien nicht gelöst wird, scheint der erhoffte Beitritt in die Europäische Union unmöglich zu ein. In dieser Form und Weise kann eine sichere Außengrenze niemals garantiert werden.

 

Um zu meiner zweiten, entscheidenden Frage zurückzukommen: Wieso herrscht so viel Angst und Furcht in der Bevölkerung? Weitere Eskalationen drohen! (Siehe Georgien Konflikt aus dem Jahre 2008 🇬🇪 oder die Krimkrise 🇺🇦, die seit 2013 besteht). Völlig wehrlos müsste man den Einmarsch und die Rückeroberung der Russischen Föderation hinnehmen. Als, sowohl 2008 in Georgien und 2013 in der Ukraine, die Länder ihren Aufstand probten, gingen alle Menschen Moldau’s auf die Straßen, um Einigkeit und Stärke zu zeigen. „Mit uns bestimmt nicht, wir lassen uns niemals unsere hart erkämpfe Unabhängigkeit nehmen“!

 

Kristina schilderte mir diese Tage genau. Mit Tränen in ihren Augen und verblasste Stimme erzählte sie mir ihr Eindrücke und Gefühle. Das Volk hat moldawische Flaggen aus ihren Kleidern gebastelt, sie haben Plakate und Schilder entworfen und sind als friedliche und vereinigte Einheit durch die Straßen spaziert. Die Moldauer haben für Recht und Unabhängigkeit demonstriert. Einerseits um ihre vereinte Stärke zu präsentieren, und andererseits um Solidarität mit den anderen, unterdrücken, Staaten zu zeigen. Der Zusammenhalt in dieser Zeit war einzigartig und gehört zu den schönsten Erinnerungen ihres Lebens.

 

Weniger Wochen nach den Aufständen in Georgien und der Ukraine bracht ein blutiger Unterdrückungskrieg in diesen beiden Ländern aus. Die Russische Föderation schlug diese friedlichen Aufstände nieder, die Euphorie und die Hoffnung verblassten auch unter der moldawischen Bevölkerung. Seitdem steigt Korruption und gleichzeitig der Einfluss der russischen Politiker jährlich. Seit diesen Tagen warten die Moldauer nur darauf, wann sie an der Reihe sind. Kristina sagt: „Es ist nicht die Frage, ob es passiert, sondern wann“

 

Kristina, aber auch viele andere ihrer Mitbürger, haben ihre finanziellen Absicherungen ins Ausland angebracht. Sie hat einen kleinen Notkoffer, der ständig bereitsteht, denn man weiß ja nie, was der morgige Tag bringen kann. Ein trauriger Teufelskreis: Da die Bevölkerung den Großteil ihres Vermögens und ihrer Wertsachen im Ausland anlegt, kommt die wirtschaftliche Situation beinahe zum Stillstand. Der allgemeine Vorwurf geht hier an die westliche Welt, die kommentarlos und tatenlos zusieht, wie diese souveränen Staaten zugrunde gehen.

Mein Fazit: Einen Teil meines Herzens in Moldau verloren. In nur wenigen Tagen einzigartige, liebevolle Menschen kennengelernt. Die Freundlichkeit der Moldauer ist genauso einzigartig wie ihre Hilflosigkeit. Ein Land für das sich niemand interessiert, welches aber so viel Herz und Charme bietet. Das emotionale Highlight meiner bisherigen Reise.

 

Kosten: Für Westeuropäer unvorstellbar günstig. Die Fahrten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln bewegen sich im Cent Bereich. Der Restaurantbesuch in Transnistrien betrug weniger als zwei Euro.

 

Sicherheit: Kriminalität ist in Moldau nicht vorhanden und durch die intensiven Kontrollen in Transnistrien ein Fremdwort. Die politische Lage ist im Moment stabil, aber wer weiß, was der morgige Tage bringt.

 

Dinge aus der Kategorie: Für Moldau habe ich nur fünf Tage eingeplant (ehrlich gesagt, wusste ich vorher auch nicht, was ich an diesem fünf Tagen tun soll) vollkommen geirrt! Liebe Republik Moldau, liebe Kristina! Wie versprochen, wir werden uns bald wiedersehen.

 

Dampf Ablassen: Zusätzlicher Absatz, um einmal Dampf abzulassen. Fühlt euch bitte nicht persönlich angegriffen, aber nach guten drei Monaten allein unterwegs, muss ich mal mit jemanden reden!

Wieso verflucht noch einmal interessiert sich niemand auf der Welt für das Schicksal solcher Länder und deren Bewohner. Wieso verbringen wir lieber zum 10ten Mal den Urlaub auf einer griechischen Insel oder zwischen völlig überfüllten und überteuerten Stränden der Adria? 😡 Natürlich ist es wichtiger Strand-Selfie-Fotos in all-inklusive Resorts zu veröffentlichen, um mehr Likes zu ergattern, als seine Komfortzone zu verlassen und einmal das Unbekannte zu sehen. Eure Strandfotos gibt es Millionen-male, landen in einem Fotoalbum an denen sich, zwei Jahre später so oder so niemand mehr wirklich erinnern kann. Diese mediale, aufpolierte, ober flächige Gesellschaft schickt uns immer wieder, zu denselben, überfüllten Destinationen.

 

Die Ausrede: Moldau 🇲🇩, Georgien 🇬🇪, Ukraine 🇺🇦 oder wie sie alle heißen sind schwer zu erreichen, zählt nicht! Bullshit! (Es gibt sogar Direktflüge mit der AUA von Wien nach Chişinău Tiflis oder Kiew).

Die Ausrede: ohne Meer und Strand kein Urlaub! Wieder Bullshit! Ich garantiere euch, die Strände Litauens 🇱🇹, Lettlands 🇱🇻 oder der Ukraine 🇺🇦 werden euch verzaubern, und die kristallklaren Seen Moldaus 🇲🇩 oder Bulgariens 🇧🇬 stellen jeden verbauten, touristischen See in den Schatten.

Die Ausrede: Das ist alles fremd, ich weiß nicht, wie das funktioniert, gilt nicht? Nochmal Bullshit! Ihr schafft dass, und im schlimmsten Fall habt ihr ja mich 😉. Also: Stellt euch die Frage: zum dritten Mal nach London 🇬🇧? Der fünfte Magic Life Club Urlaub in der Türkei 🇹🇷?, oder einmal etwas komplett Neues erleben?

 

… so danke, jetzt geht’s mir besser 😅. Auf nach Rumänien 🇷🇴.

 

 

Hier gehts nach Rumänien 🇷🇴
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Moldau-Quiz

1 / 10

Die Kathedrale von Chișinău wird der .... Religionsgemeinschaft zugeordnet?

2 / 10

Jetzt wirds schwierig: Chișinău bedeutet übersetzt?

3 / 10

Am Victory Memorial könnt ihr folgendes bewundern?

4 / 10

Mileștii Mici: Die größte Weinsammlung der Welt, wieviele Flaschen sind hier geladert?

5 / 10

Unfassbar! Der Weinkeller Mileștii Mici hat eine Gesamtlänge von?

6 / 10

Könnt ihr diese Karte lesen? Die Republik Transnistrien grenz an welchen Staat?

7 / 10

Was trifft auf Transnistrien NICHT zu?

8 / 10

Einzigartig auf der Welt! Der russische ... Wodka?

9 / 10

Die Hauptstadt Transnistriens heißt?

10 / 10

Der erfolgreichste Fussballverein in Moldawien heißt?

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