Japan

Tokio ist die größte Stadt und gleichzeitig Japan das sicherste Land der Welt, wie ist so was möglich? Wenn ihr bei der Suche nach dem perfekten Traumpartner Hilfe benötigt, hätte ich da eine Idee …- …ein Tempel mit tausenden Katzen, eine Kreuzung, die im Guinnessbuch der Weltrekorder steht … und …der wahre Blick hinter die Anschläge von Hiroshima. Langweilig wird uns in Japan garantiert nicht werden, das ist ein Versprechen.

Leicht angeschlagen von taiwanischen Musikantenstadl landete ich am zweiten Tag des Jahres am internationalen Tokio-Haneda Flughafen. Der Winter zog über die Insel, die Tage wurden kürzer, aber ich fühlte mich neu motiviert und perfekt vorbereitet. Bei all meiner detailgetreuen Planung und Recherche habe ich leider eine Kleinigkeit übersehen, welcher meinen Tokio Aufenthalt gänzlich auf den Kopf stellte.

 

Das Reich der aufgehenden Sonne hat jährlich 16 staatliche Feiertage. Da strahlen die Augen, oder? 16 Tage zusätzlich frei! (Kambodscha 🇰🇭 führt das ruhmreiche Ranking mit 28 Tagen an 😉). In den ersten Tagen eines neuen Jahres steht der Inselstaat praktisch still, genauer gesagt, kommt die Bevölkerung an einem ganz spezifischen Ort zusammen. Ein kleines, aber wichtiges Detail, welches ich übersehen habe. Als ich mittags am Flughafen gelandet bin, bewegte ich mich unverzüglich Richtung meines neuen Kapsel-Hotels. Für diese Woche waren zwar eiskalte Temperaturen angesagt, dafür permanenter Sonnenschein, also wollte ich keine Zeit verlieren. Im urbanen Stadtbereich von Tokio leben knapp 37 Millionen (!!!) Menschen, was es zum am dichtesten besiedeltem Ort der Welt kürt.

 

Die Fahrt zur Kapsel war ruhig und unspektakulär und voller Tatendrang wollte ich ohne Verzögerung die nähere Umgebung erkunden und machte mich auf zum Asakusa Tempel. 37.000.000 Millionen Personen, aber wo zur Hölle sind den alle? Die ausgestorbenen Straßen erinnerten mich eher an eine Episode aus „The Walking Dead“ 🎥 oder an einen Sonntagsspaziergang durch die Klagenfurt Altstadt, als an eine Metropolregion.

 

Erdbebenwarnung? Tsunami? Dritter Weltkrieg? Oder hat der China Virus schon gewonnen? (Update 2020 Juli: der China Virus stellte sich als Corona Pandemie heraus). Seltsame Gedanken übernahmen die Herrschaft meines Geistes, aber es fühlte sich wirklich sehr mysteriös an. Die Geschäfte und Gaststätten waren geschlossen und die Metro und Busse vollkommen leer gefegt. Der älteste und wichtigste Tempel der Stadt war nur 15 Gehminuten von meiner Kapsel entfernt. Ich näherte mich dieser Anlage an und es benötigte nur wenige Augenblicke, dass ich wie ein regungsloses, treibendes Stück Holz von den strömenden Fluten der japanischen Gesellschaft erfasst wurde.

 

In der Zeitspanne zwischen 2. und 5. Jänner pilgern alle 270 Millionen japanische Staatsbürger zu ihren Gotteshäusern, um ihr Schicksal zu bestimmen. Ich war in einem Strudel gefangen und marschierte im Schneckentempo Richtung Asakusa Tempel ohne zu wissen, was mich dort erwartet. Es gibt keine Ausweich- oder Umkehrmöglichkeit, einfach nur gerade aus, um mit dem Strom mitzuschwimmen. Klingt nach Hektik oder Stress, aber nein, es war das absolute Gegenstück. Eine wahrhaftige Faszination und ein sagenhaftes Glück von diesem Staat so empfangen zu werden.

 

Als ich an den Toren des Tempels angekommen bin, war ich zuerst einmal vollkommen überfordert. Man schleudert Münzen in einen Holzbehälter, zieht an einer großen Stahlglocke, verbeugt sich vor den Statuen …- …raschelt mit einem mysteriösen, sechseckigen Gegenstand, füllt anschließend winzige weiße Zetteln aus und hängt sie auf verschiedene Bäume. Gleichermaßen verwirrt wie eure bildliche Vorstellung nun ist, waren auch meine Gedankenströme. Anfangs stand ich verloren in der Menge und musste an Sofia Coppolas Meisterwerk 🎥 „Lost in Translation“ denken …- …durch diese Erfahrung, ergibt der Film auf einmal Sinn 😉. Ich versuchte die Handlungen zu verfolgen, konnte aber den tiefen Zweck einfach nicht verstehen. Als meine dauerhafte Ratlosigkeit mit einer Kombination leichter Verzweiflung nicht mehr zu verstecken war, lenkte ich die Aufmerksamkeit eines japanischen Pärchens auf mich und bekam als Folge dessen meine persönliche Einschulung mit dem Titel: „How to use a Japanese temple“ …- …einfach nur herrliche, unbezahlbare Momente.

 

Kurze Lehrstunde: Wenn ihr das Münzen einwerfen – Glocke läuten – Verbeugen – Holzschachtel schütteln – Wunsch äußern Prozedere einigermaßen korrekt absolviert habt, folgt der spannendste Teil: Omikuji! Omikuji ist eine Art Lotterie Orakel, auf welche Wahrsagungen geschrieben werden. Am Ende zieht ihr einen kleinen weißen Zettel empor, welcher euch die zutreffende Holzbox anzeigt, wo eure Vorbestimmung auf euch wartet. Es hatte einige Momente benötigt, bis ich meine korrekte Zuweisung bekommen habe. (Japanischen Schriftzeichen sind im Google Translate nicht so einfach zu übersetzten 😅). Nun hatte ich meine Botschaft erhalten und es war etwas zwischen „Großen Glück“, „Beinnahe-Kleines Glück“ und „Großes Pech“. Dieser ganze Absatz klingt genauso verwirrt, wie es sich für einen ahnungslosen Europäer auch anfühlte. Aber ich verspreche euch, vor Ort werdet ihr es lieben, nur gebt Acht: Dieses Spielchen kann euer Leben umgehend verändern. Selbstverständlich wollte ihr umgehend wissen, welches genaue Schicksal mich nun erwartete. Ich kann mich noch exakt erinnern, ein wunderbarer Augenblick, ihr werdet es nicht für möglich halten …- …es war so aufregend, also meine Orakel sagte mir: Achtung! …- … Spannung – Spannung …- … Trommelwirbel … und …- … ach, wisst ihr was schauen wir uns lieber in Tokio um 😛.

 

Die Prophezeiung spielt in Japan eine entscheidende Rolle. Außerdem sind die Inselbewohner ein gastfreundliches und hilfsbereites Volk. Wenngleich die sprachliche Barriere nicht zu unterschätzen ist, bleiben sie aufmerksam stehen, nehmen sich Zeit und versuchen dir mit Händen und Füßen zu helfen. Tokio ist eine Faszination an sich. Die größte Stadt der Welt, aber es gibt keine Armut, keine Obdachlosigkeit …- …keine Ghettos, keine Arbeitslosigkeit, …- …kein Häufchen Abfall liegt auf den Straßen und der Begriff Kriminalität wurde aller Voraussicht nach nie ins Japanische übersetzt. Die Schere zwischen Arm und Reich ist so gering wie wohl in keiner anderen Nation der Welt. Während in der westlichen Welt das Prinzip des Stärkeren und des Mächtigeren zählt, legt man in Japan die Priorität auf Gemeinschaft. Kooperation statt Konkurrenz. Nur geschlossen sind wir stark, und gemeinsam können wir in Wohlstand und Frieden leben. Was sich wie eine politische Rede anhört, ist nichts anderes als die Grundvoraussetzung für das japanische Miteinander.

 

In ganz Tokio gibt es über 5.000 Schreinen und es wäre nicht allzu spannend euch eine Liste mit ihren Namen aufzustellen. Die Meiji-Schreine oder der Nezu-Schreine sind nur zwei von vielen, die ich besucht habe und die euch einen weiteren Zugriff in die Tradition und Kultur des Landes schenken werden.

 

Fernab von den Massen der einheimischen Bevölkerung besuchte ich in völliger Abgeschiedenheit den kleinen Sengakuji Tempel. Optisch nicht sehr imposant, dafür ist seine Hintergrundgeschichte einzigartig. Am Rande des Tempels befinden sich die Gräber der 47 Samurai. Anfang des 18. Jahrhunderts ereignete sich in Tokio ein historisches Ereignis, welches allen bekannt sein dürfte. Die Geschichte der 47 Rōnin erzählt den Rachefeldzug dieser Samurai, die den Tod ihres Herrn rächten. Die Vorbereitung, der tatsächliche Angriff und die Folgen dieser Vorgehensweise könnten nicht spannender geschrieben werden. Diese Taten der Ronin (= ein herrenloser Samurai) gelten in der japanischen Mythologie als vorbildliches Beispiel der bedingungslosen Treue. Hollywood Schönling Keanu Reeves versuchte 2013 die Heldengeschichte auf die Leinwand zu bringen. Der Erfolg des Streifens war überschaubar, aber abgesehen davon: Gänsehautfaktor bei 100 Prozent.

Um die größte Stadt der Welt aus der Vogelperspektive zu genießen, gibt es so viele verschiedene Eventualitäten, dass ich sie gar nicht alle aufzählen kann. Dank der frostigen Temperaturen war es mir möglich einen traumhaften Überblick zu bekommen. Der Smog und die Luftverschmutzung waren wie weggezaubert. Ich habe mich auf den Tokyo Skytree begeben, der mit seinen 634 Metern, das zweithöchste Gebäude der Welt ist. (Schön langsam sollte ich einmal nachzählen, wie viele mir von den Top-Ten eigentlich noch fehlen). Die Aussicht vom Wolkenkratzer ist unfassbar, ich bekomme ein klein wenig das Gefühl, wie groß eine Stadt eigentlich sein kann. Zufällig wurde ich noch Zeuge einer Sumō Demonstration. Herrlich, wenn die kleinen Kinder versuchen diese gigantischen Monster auf die Matte zu legen 😅.

 

Der zweite Hochseilakt führte mich auf den berühmten Tokyo Tower. Ein unästhetisches Gebäude und ihr könnt es euch auf jeden Fall schenken. Der Geheimtipp kommt aber zum Schluss: Roppingi Hills Mori Tower. Auf diesem Hochhaus verspreche ich euch die beste Aussicht auf die Stadt und mit ein wenig Glück könnt ihr sogar die schneebedeckten Krater des Mount Fuji bewundern. Während ihr am Skytree und am Tower hinter Glasscheiben gefangen seid, könnt ihr am Mori Tower direkt auf dem Dach stehen und die unendlichen Weiten dieser Millionenstadt erblicken. (Vorausgesetzt der Helikopterlandeplatz am Dach ist gerade nicht in Verwendung).

 

Japan gilt als technisch fortgeschrittenes Land der Welt und Tokio ist die Spitze des Eisberges. Das Mori Art Museum schickt dich ungefähr 20 bis 50 Jahre in die Zukunft und lehrt dich, was alles Schönes und teilweise auch weniger Schönes auf uns zukommen wird. Künstliche Intelligenz, Roboter, die meine Gefühle erkennen können, selbstfahrende Fahrräder 🤔, …- …unzählige technische Neuheiten und dutzende nicht näher definierbare Geräte werden im Museum ausgestellt. Der auf setzbare Nudelventilator 🙈 und die sprechende Waschmaschine waren meine persönlichen Höhepunkte.

 

Angst machten mir die kleinen putzigen Spielzeuge, die so real aussehen und anhand von meiner Mimik und Gestik meine Gedanken lesen können und vor allem der Lovebot. (Ein Computer, welcher dir deinen Traumpartner in Form eines Roboters zusammenbaut.). Vor diesem Lovebot hatte wirklich eine Heidenangst. Eine gute halbe Stunde verbrachte ich nur damit „Sie“ optisch nach meinen Vorstellungen zusammen zubauen. Da sich am Bedienungsfeld die englische Sprache in Grenzen hielt, wurde „Sie“ eine Mischung aus Danny DeVito, Alf und dem Grinch 🤦‍♂️. Eigentlich suchte ich nach einer sensiblen, humorvollen, unternehmungslustigen und natürlichen attraktive Blondine mit riesengroßen …- …- …- … Einfühlungsvermögen 🤣. Im zweiten Teil durfte ich meinem gewünschten Charakter zusammen bauen. Ich scheiterte erneut an den japanischen Schriftzeichen und dürfte eine kreative Variation aus einer sorglosen Seele, einem tyrannischen Diktator und einer Domina entworfen haben. Mit dem nötigen Kleingeld könnte man sein Werk nun in Auftrag geben und bekommt es in ein paar Monate portofrei nach Hause geliefert. Im Moment finde ich diese Art der Partnersuche amüsant und etwas merkwürdig, aber wer weiß, wie es sich im Laufe der nächsten Jahrzehnte entwickeln wird.

 

Samurai, Ninja, Sumō, Harakiri, Kamikaze, Origami und so weiter und so fort …- …viele Begriffe verbinden wir mit der japanischen Kultur, Geschichte und Tradition und ich bin jetzt schwer am überlegen, wie ich all diese Themen in einen Reisebericht unterbringen soll.

 

Ein Sumō Turnier zu besuchen war leider nicht durchführbar. Sie finden nur an wenigen Tagen des Jahres statt und sind Ewigkeiten im Vorhinein ausgebucht. Als Europäer an Tickets zu kommen, grenzt wohl an das Unmögliche, aber wenn ihr euch durch die Touristen Zonen kämpft, werdet ihr garantiert ein paar Ringer und ihre dazugehörigen Showeinlagen sehen.

 

Im Herzen von Tokio befindet sich das Samurai Museum. Ungeachtet dass es die Touristenanlaufstellen Nummer 1 ist, unbedingt besuchen. Die Führung startet mit der Entstehung und der Geschichte der berühmten Krieger und endet mit einer richtig coolen und actiongeladenen Show. Beim krönenden Abschluss durfte ich selbst als Samurai posieren (steht mir übrigens hervorragend 🤣), ein paar Ninja Sterne werfen (alle noch unverletzt) und meine Kampf-Skills zur Schau stellen …- …es war eine relativ geile Erfahrung.

Mindestens einen vollen Tag müsst ihr im Stadtteil Odaiba verbringen. Hier findet ihr den größten Roboter der Welt (Gundam Statue), die mächtigste Kopie der Freiheitsstatue und vollkommen verrückte Einkaufszentren. Ihr könnt das Hauptquartier von Toyota besuchen, auf der allerersten E-Kartbahn herumdüsen oder an den unwiderstehlichen Sandstränden entspannen. Ja, Tokio verfügt auch noch über eine traumhafte Küstenlandschaft.

 

Apropos Kart (kein Scherz): Meine erste Vermutung war, dass ich betrunken oder auf Drogen war, als ich diese Bilder gesehen habe …- …aber nein, der ganz normale Alltag in Tokio. Mario, Luigi, Toad und die Prinzessin düsen mit Elektrokarts durch die Straßen der Metropole 🕹. Ich musste einmal recherchieren und tatsächlich gibt es viele Veranstalter, die eine etwas andere Art einer Stadttour anbieten. Man zwängt sich in die Kostüme seiner Nintendo 64 Helden und zieht von Spot zu Spot. Ein absolut herrlicher Anblick, ob diese Agenturen die Rainbow-Road auch im Repertoire haben?

 

Welche Idee steckt dahinter, durch halb Tokio zu fahren, um eine Straßenkreuzung zu besuchen? Wieso sollte ich unter diesen Absatz ein Video von einer Kreuzung online stellen? Ganz einfach, weil es die Shibuya Crossing ist. Dieser Schnittpunkt war nicht nur Drehort zahlreicher Hollywoodfilme 🎥 (Lost in Translation, The Fast and the Furious: Tokyo Drift, Resident Evil: Afterlife), sondern steht als „busiest pedestrian intersection“ im Guinness Buch der Weltrekorder. Eine deutsche Übersetzung ist schwer möglich, aber zum Glück habe ich einen Weg gefunden euch einen Blick auf dieses absurde Ameisen-Spektakel zu geben.

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Bevor wir die Metropole schön langsam verlassen möchte ich euch noch eine rührende Geschichte ans Herz legen. Im Jahre 2009 verfilmte mein schwedischer Lieblingsregisseur, Lasse Hallström, die wahre Geschichte des japanischen Hundes Hachiko. Um die Kinokassen besser füllen zu können, übernahm Richard Gere die Rolle des japanischen Universitätsprofessors und der Handlungsort wurde in den US-Bundesstaat Rhode Island verlegt 🙈. Die Kreativität Hollywoods ist grenzenlos, aber egal jetzt, die wahren Geschehnisse spielten sich in Shibuya, Tokio ab.

 

In den 1920er-Jahren nahm der Professor einen Akita Welpen bei sich auf. Jeden Tag holte Hachiko sein Herrschen vom Shibuya Bahnhof ab, um mit ihm gemeinsam nach Hause zu gehen. Eines Tages erschien der Professor nicht mehr, weil er an den Folgen einer Hirnblutung verstarb. Tage, Wochen und Monate vergingen und der Akita Hund wartete jeden einzelnen Abend auf sein Herrchen. Anfangs wurde Hachiko noch mit Peitschen und Schlägen von den Passanten vertrieben, aber mit der Zeit gewöhnte sich die Bevölkerung an den wartenden Vierbeiner. Im Laufe der Jahre wurde der Hund eine nationale und internationale Berühmtheit. Es wurden Artikel und Bücher geschrieben und Presseleute aus dem ganzen Land tauchten am Bahnhof auf.

 

Der Universitätsprofessor kehrte niemals zurück und Hachiko wartete über zehn Jahre glücklos auf sein Herrchen. An einem eisigen Wintertag fand man den Körper des Hundes tot in den Gassen von Shibuya liegen. Ein Staat trauerte um diesen Hund und hielt sogar eine nationale Schweigeminute ab. Der Name Hachiko wurde als Synonym für Treue in die japanische Alltagssprache integriert. Wenn ihr in diesen Tagen den Bahnhof verlässt, lächelt euch diese treue Seele zu. In Form einer bronzenen Statue wird an Hachiko erinnert. Bereits beim Lesen eine herzzerreißende Geschichte, aber als ich direkt bei der Statue gestanden bin, hatte ich Gänsehaut. Noch heute legen die Menschen Geschenke in Form von Hundefutter oder Spielzeug ab, welches anschließend von einer wohltätigen Organisation verteilt werden.

 

Was haben die Redewendungen: „Auf den Hund gekommen“ und „die Katze aus dem Sack“ lassen gemeinsam? Richtig, bei beiden verstehe ich den tieferen Sinn nicht und es ist mir leider kein kreativerer Übergang von Thema Hund zum Thema Katze eingefallen 🙈.

 

Der Besuch des Gotokuji Tempel gehört in meine Lieblingskategorie: skurrile Orte, die die Welt nicht kennt. Der Legende nach übernachtete ein wohlhabender Fürst in der Nähe dieses Tempels. Während eines Unwetters suchte er Schutz unter einem Baum und entdecke eine weiße Katze (Tama), die ihm fieberhaft zuwinkte. Trotz des starken Regens wurde der Fürst neugierig und steuerte auf die Katze zu. Just in diesem Moment (32 Reiseberichte hat es benötigt, bis ich endlich einmal das Wort „Just“ verwenden konnte 😅) schlug ein Blitz ein und ließ den besagten Baum zu Boden krachen. Tama rettete das Leben dieses Mannes und wie es nun mal in einem spirituellen Land wie Japan üblich ist, machte die Geschichte schnell die Runde und wurde zu Legende.

 

Hunderte Jahre später kommen Leute aus allen Teilen der Welt und legen am Gotokuji Tempel eine weißte „Winkekatze“ ab. Mittlerweile sammelten sich zigtausende Katzen zusammen und sorgen für ein völlig verrücktes Bild. Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich diesen Tempel gruselig oder einfach nur schön finden soll, was denkt ihr? (Memo an mich: Hier stellte ich einen persönlichen Rekord auf: Wie lange kann ich einen Geocache suchen, bis mich die Verzweiflung besiegte. Der „Hint“ Katze, war nicht allzu hilfreich 😅).

Die Busfahrt von Tokio nach Kyoto dauert ca. 6 Stunden (mit dem Zug wären es nur 1,5 Stunden gewesen). Die neuntgrößte Stadt Japans ist das krasse Gegenteil der modernen und hoch entwickelten Hauptstadt. Kyoto ist Geschichte, Nostalgie, Kultur und Schreinen …- …hunderte von Schreinen! Unabhängig in welchem Teil der Stadt ihr euch herumtreibt, ihr werdet minütlich an Schreinen vorbeilaufen. Euer Glück ist es, dass ich meinen Schreinen Überblick verloren habe, sonst würde euch jetzt eine ewig lange Liste mit kuriosen Namen drohen …- …und das interessiert wohl wirklich niemanden. Also schreiten wir voran und picken uns die zwei absoluten Meisterwerke heraus.

 

Die eine Schreine glänzt mit ihrer atemberaubenden Ästhetik, ihrer Einzigartigkeit und ist tagsüber völlig überlaufen, und die andere Schreine ist tief im Wald versteckt, absolut unbekannt und sorgt für eine düstere, dunkle und mystische Atmosphäre.

 

Fushimi Inari Taisha: klingt nach einem japanischen Bandwurm, ist aber der wohl schönste und spektakulärste Ort auf der ganzen Insel. Ein vorbildliches Beispiel aus der Kategorie: die passenden Worte wurden noch nicht erfunden. Das Augenmerk sind die Alleen aus Tausenden von orangen Torri (Eingangstore), welche auf die Spitze des Hügels führen. Ich probiere erst gar nicht euch zu erklären, welche Gänsehaut ich hatte, als ich in den Morgenstunden, in aller Bescheidenheit und Einsamkeit, diese Tore durchquert bin. Der Legende nach soll ein Jäger Anfang des 8. Jahrhunderts einen gedämpften Reiskuchen gefunden haben, der an einem Baum hängte. Er durchbohrte den Kuchen mit einem Pfeil und das Teil soll sich in einen Schwan verwandelt haben 🤔. Dieser flog auf die Spitze des Hügels und ließ den Fushimi Inari Taisha zum legendären Heiligtum konvertieren.

 

Der Otagi Nenbutsu-Ji Tempel ist einer dieser verborgenen Orte, die garantiert in keinem Reiseführer zu finden sind. Diese magische Weihstätte liegt unangetastet und verwahrlost in den Wäldern von Kyoto. Es war keine einfache Thematik diesen Tempel im wild verwachsenen Wald ausfindig zu machen. Die Kultstätte ist von Moos bedeckt und die Natur holt sich dieses Gebiet in kleinen Schritten zurück. Die Besonderheit des Tempels liegt bei seinen Bewohnern. Über 1.300, in Stein gemeißelte Statuen ergeben eine dämonische und gespenstische Atmosphäre. Jede einzelne Skulptur symbolisiert ein anderes Gefühl. Einige lachen, ein paar weinen, andere wirken hingegen wieder betrübt oder ängstlich. Die eine Statue bietet dir ihren Schutz an, die andere sorgt für eine gewisse Furcht und Bedrohung. Wenngleich mich dieser magische Ort in seinen Bann zog, hatte ich ein beängstigendes und leicht panisches Gefühl, weil die Totenstille und die Einöde die Situation beherrschten. Am liebsten würde ich ein eigenes Fotobuch erstellen mit 1.300 hochaufgelösten Bildern, um jede einzelne Mimik der Skulpturen festzuhalten. Um euch nur einen kleinen Einblick in diese sagen umworbene Tempel-Welt zu schenken, eine kurze Rundschau: ⬇

Ein herbstlicher Nachmittagsspaziergang gehört zu unseren Privilegien. Unsere Laub- und Nadelwälder sind mitunter das schönste, was Österreich zu bieten hat und bestimmt jeder von uns kennt dieses Gefühl der frischen Luft und der besinnlichen Ruhe. Ich hoffe, dass einige von euch schon einmal die Möglichkeit hatten durch einen Regenwald zu wandern oder sich durch dichte Palmen zu kämpfen, um Schutz vor der heißen Sonne zu suchen. So wundervoll all diese Spaziergänge und Erlebnisse sind, so bescheiden wirken sie im Vergleich zu einem Bambuswald. Der Arashiyama Bamboo Forerst ist zwar einerseits der feuchte Traum der Instagram und Influencer Welt, aber wenn ihr früh morgens vor Ort seit, werdet ihr eine zauberhafte Kulisse vorfinden, die alles Mystische toppt, was ihr jemals gesehen und erlebt habt. Als ich durch den Wald spazierte, fühlte ich mich irgendwo zwischen Alice im Wunderland und Pans Labyrinth gefangen. Unbedingt besuchen, aber bitte vergesst nicht: kommt so früh wie möglich, sonst sieht ihr vor lauter Menschen den Wald nicht mehr.

 

Ein Thema, mit dem ich mich ehrlich gesagt noch nie wirklich beschäftigt habe, ist die Kunst des japanischen Comics. Das Kyoto International Manga Museum entführte mich in eine fesselnde und berauschende Welt der Manga Kunst. Der Begriff Museum ist nicht treffend, denn dieses Gebäude hat die größte Ansammlung an japanischen Comics, die es gibt und lädt zum Lesen und Verweilen ein. Millionen von Millionen Büchern sind in dieser Bibliothek gelagert und es würde wohl mehrere Leben benötigen, um sich durch alle Stockwerke und Regale durchzukämpfen. Die Entwicklung des Comics von ihrer Anfangsphase bis zum absoluten Kultstatus und unverzichtbaren Lebensinhalt der japanischen Gesellschaft wird Schritt für Schritt erläutert. International bedeutet, dass die Ausstellungsstücke zum Großteil auch in der englischen Sprache erklärt werden und somit jeder, die Chance hat einzutauchen. Es ist einfach nur herrlich, aus dem Augenwinkel zu beobachten, wie sich die Japaner durch die Halden an Comics kämpfen und mit ihrer Körpersprache die Geschichten miterleben.

 

Ich hoffe, ihr versteht, dass ich in dieser Bücherei einmal die Orientierung verloren habe und völlig zufällig und nur aus reinsten Versehen in der ab 18 Jahre Abteilung gelandet bin 😉. Natürlich wollte ich diesen Teil des Gebäudes umgehend wieder verlassen, aber ich habe den Ausgang nicht sofort gefunden. Ein paar kleine Eindrücke blieben in meinem Gedächtnis: 😱 😱 😱! Zu einem späteren Zeitpunkt bin ich schlussendlich in einer jugendfreien Abteilung gelandet, habe mich unter das japanische Volk gemischt und zwei Klassiker gelesen. Na, wer kennt es: Vervollständigt bitte die beiden Sätze:

 

🎼 Mila ist 12 Jahre alt und lebt im fernen Japan …- … Mila kann lachen, wie die Sonne übern …?

🎼 Halt den Mondstein fest und spür die Kraft, du kannst es tun – Ohhhh …?

 

 

Mein „japanischster“ Moment: Ich sitze in einer entspannten, gemütlichen Gesellschaft, meine Zunge schmerzt, weil ich sie mir am zu heißen, grünen Tee verbrüht habe und kämpfe mich durch die Welt, der japanischen Comics. Solltet ihr jetzt vermuten, ihr hättet noch nie etwas mit Magna zu tun gehabt, muss ich euch belehren oder voraussichtlich auch schocken: unsere Heidi (1971), Calimero mit Sobrero, (1972), Niklaas, ein Junge aus Flandern (1975) …- …alles Anime Comics: Made in Japan 🇯🇵.

Dass unsere flauschigen Mitbewohner 🐒 in allen asiatischen Ländern allgegenwärtig sind, habt ihr bestimmt schon mitbekommen. Der Iwatayama Monkey Park treibt das Geschehen allerdings auf die Spitze. Grundlegend sollte dieser Park Iwatayama (Mountain) Monkey Park heißen, denn er ist nur über hunderte, ansteigende Stufen zu erreichen. Der steile Aufstieg ist das eine Thema, das andere sind die Makaken, genauer gesagt Schneeaffen, die der Wanderung einen erhöhten Schwierigkeitsgrad verleihen. So flauschig die kleinen Racker auch wirken, die japanischen Schneeaffen sind vom Aussterben bedroht und dies dürfte ihnen auch bewusst sein, den ein freundlicher Empfang sieht anders aus. Fremdenverkehr trifft auf die Tierwelt, nicht gerade meine Lieblingskategorie, dennoch hatte ich durchwegs ein positives Gefühl. Der Park liegt in einer der wenigen Bereiche der Welt, wo sich die Schneeaffen frei bewegen können. Wenn ihnen der Besucherandrang zu lästig wird, stehen ihnen tausende Wege frei, sich aus dem Staub zu machen. Mir fällt es um einiges leichte, diese faszinierenden Tiere in ihrer natürlichen Umgebung zu beobachten als hinter Gittern in den Zoos dieser Welt, deswegen habt ihr meinen Segen.

 

Für westliche Reisende ist Japan ein Kabinett aus Kuriositäten und Merkwürdigkeiten, einen kleinen Auszug gebe ich euch mit.

 

☑ Die Innenstädte sind voll von eigenen Schirmabstellständern (falls es diesen Begriff überhaupt gibt 😅). Ähnlich wie bei uns die Fahrräder werden die bunten Schirme mit einem Schirmschloss (???) vor einem Diebstahl gesichert.

☑ Verkehrte Welt: Rauchen ist in der Öffentlichkeit streng verboten 🚭, dafür qualmt es in den Lokalen, wie im ehemaligen Raucherraum meiner Firma.

☑ Verpackungswahnsinn: jedes kleinsten Pipifax wird unzählige Male in Plastik verpackt, nennen wir es Matroschka Effekt 🇷🇺.

☑ Wie in Taiwan 🇹🇼: Es gibt nicht einen einzigen Abfalleimer in diesem Land. Die Städte sind aber mitunter das sauberste, was ich jemals gesehen habe und der Müll wird ausschließlich zu Hause entsorgt.

☑ Unzählige (unnötige) Bodenmarkierungen sorgen für Verwirrung. Ja, sogar am Gehsteig herrscht Linksverkehr!

☑ Die Metro dient sekundär als Schlafzimmer. Es gibt eigene Schlafwaggons und auch wenn die Fahrt nur weniger Minuten dauert, nutzen die Japaner jede freie Sekunde für ein Schönheitsschläfchen.

☑ Wohl schon erwähnt: Aber der Gegenstand, den du nicht aus einem japanischen Automaten rausdrücken kannst, muss erst erfunden werden.

☑Tattoos: Tätowierungen sind ein No-Go und absolut unerwünscht. Obwohl meine kaum ersichtlich waren, wurde ich sogar zweimal von einer Schreine verwiesen.

 

☑ Der Endgegner all Kuriositäten und Herausforderungen: die Toilette 🚽! Betet, dass ihr einen WLAN-Zugang habt und ein passendes YouTube-Video findet. Dieses kann euch sprichwörtlich den Arsch retten. Für die japanische Bevölkerung ist die Toilette der heiligste Ort von allen. Die WCs sind ausnahmslos sauber und die Sitze sind immer schön vorgeheizt 😋. Gleichwohl erwarten euch so ungefähr zwanzig verschiedene Knöpfe, die alle ihr Eigenleben besitzen. Ein Knopf dämpft das Licht, der andere sorgt für entspannte Musik und der Dritte regelt die 🙄 …- …ich habe keine Ahnung! Die restlichen siebzehn Knöpfe fallen in die Rubrik „Learning by doing“. So entspannt das Ambiente auch sein mag, in dem Moment, wo du dein Geschäft erfolgreich erledigt hast und aufstehen möchtest, steigt der Panikfaktor essenziell an. Weitere Details lasse ich aus Schutz der Privatsphäre weg, aber bei der nicht korrekten Anwendung der Knöpfe könnte es eine feuchte oder ziemlich heiße Angelegenheit werden. Das richtig fiese und gleichzeitig deprimierte an der ganzen Thematik: Wenn du im Glauben bist, du hast den Dreh heraus, kreuzt dein Hintern ein anderes Teil und der ganze Wahnsinn geht wieder von vorne los.

 

Eine persönliche Erfahrung möchte ich mit euch noch teilen. Das japanische Friseurwesen. Spätestens auf den Südkorea 🇰🇷 Fotos hat sich meine Haarpracht vollständig verabschiedet. Es bedarf einer gewissen Form von Courage und Fortune einen japanischen Friseur aufzusuchen. In einem abgelegenen Vorort von Kyoto habe ich (versehentlich) einen Kinderfriseur herausgesucht. Wir waren beide etwas überrascht als wir uns kennenlernten und ich mit meiner rechten Hand die berühmte Schere symbolisiert habe, da die Sprachbarriere nicht überwindbar war. Ich wartete eine halbe Stunde zwischen japanischen Kindern und ihren Müttern und wurde schließlich von dem Ein-Mann-Betrieb an die Reihe genommen. Das Service und die Freundlichkeit waren unvergleichbar, wird unterhielten uns, obwohl keiner der anderen nur im kleinsten Ansatz verstehen konnte. Allerdings ist mir zu Beginn ein Fehler unterlaufen, er fragte mich nach meinem Wunsch und ich packte wieder meine rechte Hand aus und formte eine 3–5 Zentimeter breite Spalte mit der Angabe: Bitte nur so viel wegschneiden! Einen kurzen Moment später hörte ich bereits wie der Rasierer über mein Haupt fuhr 😱. Die Situation war nicht mehr zu retten, also erinnerte ich mich an meine Friseure zurück, die ich kurz nach meiner Geburt oder während meiner Zeit beim Bundesheer hatte.

 

Ich würde vorschlagen, ihr blättert ein wenig durch die Galerie und macht eine Pause, denn ein halbwegs humane Überleitung von japanischen Toiletten zu den Bombenanwürfen auf Hiroshima ist mir nicht gelungen.

Nach meinen bizarren und verkürzten Aufenthalt in Pearl Harbor, Hawaii 🇺🇸 wollte ich um jeden Preis die zweite Seite dieser Leidensgeschichte kennen und verstehen lernen: Hiroshima. Bevor wir uns über die Auswirkungen dieses dramatischen Angriffes unterhalten, nehmt euch einen kurzen Moment und überlegt, wie diese Millionenstadt im Jahre 2020 aussehen könnte. Während der 7-stündigen Busfahrt von Kyoto nach Hiroshima dominierte diese Frage meine Gedankenwelt. Wie würde eine Stadt aussehen, die vor 65 Jahren vollkommen von der Landkarte ausradiert wurde?

 

Heutzutage ist Hiroshima eine moderne Metropole, die sich auf den ersten Blick nicht wirklich von den übrigen asiatischen Großstädten unterscheidet. Viele Menschen, dichter Verkehr, bunte Einkaufszentren mit seltsamen live Show 🤔 (dazu später mehr), modernen Einrichtungen usw.  …- …also nicht wirklich etwas Besonderes, bis man die Tore des Friedensparks durchschreitet.

 

Ein kurzer Augenblick, ein Wimpernschlag, und alles war zerstört. In einer einzigen Sekunde wurde das Leben von hunderttausenden Menschen beendet. Und in den darauffolgenden Tagen und Wochen kamen noch einmal mehr als zweihunderttausend Opfer dazu. Wie viele es am Ende des Tages waren oder vielleicht noch werden kann niemand genau feststellen. Aber keine Sorge, ich will auf keinen Fall auf die Tränendrüse drücken, denn genau das versucht die Bevölkerung Hiroshimas zu vermeiden.

 

Im Herzen der Stadt wurde der Friedensgedenkpark Hiroshima gegründet, um an die Opfer des Atombombenangriffs von 6. August 1945 zu gedenken. Das Gelände umfasst über 70 Monumente, die auf unterschiedliche Arten, den Betroffenen gewidmet sind. Als ich die ersten Schritte durch den Park gegangen bin, fiel mir kein wesentlicher Unterschied zu einem herkömmlichen Stadtpark auf. Die heimelige Bevölkerung saß dick eingepackt auf den grünen Wiesen, die Kinder spielten auf den Anlangen und die Hunde tollten herum. Auch auf den zweiten Blick konnte ich die tragischen Ereignisse nur anhand der Monumente und Gedenktafel nachvollziehen.

 

Signifikat ist der Kenotaph, das Denkmal für die 300.000 Todesopfer. Das Monument an sich ist bereits beeindruckend, aber als ich registriert habe, dass alle Namen (sofern die Angehörigen dies wünschen) auf einer Liste eingraviert sind, wurde mir ganz warm uns Herz. Fast 300.000 (!!!) Namen und die Auflistung wird stetig erweitert. Die Gedenkstätte ist gleichzeitig ein Mahnmal, denn der folgende Satz in ist hunderten verschiedenen Sprachen in den Marmor eingraviert.

 

Lasse alle Seelen hier in Frieden ruhen, denn wir werden das Böse nicht wiederholen.“

 

Angehörige besuchen den Friedenspark täglich und ähnlich wie am 9/11 Memorial haben sie eine weiße Rose angesteckt (respektive Origami-Kraniche) und suchen den Kontakt zu den wenigen internationalen Besuchern. Auf die typisch japanische Art (freundlich aber distanziert) werden mir die imposantesten Monumente erklärt. Ich steuerte unter anderem die Friedensorgel, die Ewige Flamme des Friedens oder die Tore des Friedens an. Den ersten richtig mulmigen Augenblick verspürte ich, als ich am Kinderfriedensmonument angekommen bin. Diese kleine Gedenkstätte ist übersehen von Zeichnungen und Spielzeuge, welche aus allen Teilen des Landes hergeschickt wird.

 

Das bekannteste Monument ist die Atombombenkuppel, die ihr bestimmt schon einige Male gesehen habt. Gerade einmal 150 Meter unweit dieser Ruine schlug die Bombe ein. Wie durch Wunder blieb das ehemalige Industriegebäude stehen und wurde als Wahrzeichen der Stadt 1996 ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen. Den ganzen winterlichen Sonnentag verbrachte ich im Park und habe mir vermutlich alle Denkmäler angesehen. Trotz des tragischen Hintergrundes haben sie etwas gemeinsam. Sie verurteilen nicht, sie weisen niemanden die Schuld zu. Der Park dient primär als Erinnerungsstätte, aber noch viel mehr als Warnung für die Zukunft.

 

Ich nutze die ruhigen Tage, um mich in Hiroshima ein wenig umzusehen. Ich besuchte unter anderem das wunderschöne Hiroshima Castle und die wildromantischen Shukkei-en Gärten. Überrascht von dem positiven Gefühl, welches ich ständig in mir trug. Wie ihr bereits aus den vergangenen Berichten erfahren habt, gab es Gedenkstätten in anderen Ländern, welche mich emotional forderten und zu Tränen rührten. Ich erwartete und befürchtete Ähnliches, aber dem war nicht so. Es wäre unmoralisch zu sagen, dass ich vielleicht sogar ein klein wenig enttäuscht darüber war. Vermutlich waren es die sonnigen Tage, die Tatsache, dass der Frühling anklopfte, oder vielleicht ist meine Haut einfach dicker geworden oder es war einfach der positive Umgang mit den historischen Ereignissen, den die Stadt präsentierte.

 

Oder vielleicht war es einfach diese skurrile und lustige Art des Entertainment-Programmes, welches dir in Hiroshima laufend über den Weg läuft. Ein musikalisches Highlight für euch 😅 ⬇.

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Am letzten Tag meiner Hiroshima-Reise besuchte ich noch das Friedensmuseum, welches den Atombombenabwurf ins Detail dokumentiert. Gut gelaunt, glücklich und motiviert wollte ich noch ein paar Hintergrundgeschichten erfahren …- …doch dann schlug es ein! Wie eine Bombe, auf die ich nicht vorbereitet war. Dieses Museum, genauer gesagt diese Ausstellung gibt den Abwurf und die dadurch entstandenen Folgen auf eine brutale und transparente Art und Weise da, die ihresgleichen sucht und deine Seele vollkommen überfordert.

 

Die Atmosphäre als erdrückend, erschütternd und beängstigend zu bezeichnen, wäre eine herbe Untertreibung. Die wenigen Besucher gingen stillschweigend durch die Ausstellungshallen und trauten sich nicht einmal richtig zu atmen. Die Veranschaulichung der Schadenswirkungen der Atombombenexplosion war so wahrhaftig. Zwar war das Fotografieren gestattet, aber wirklich niemand traute sich eine Kamera zu zücken und diese Eindrücke festzuhalten. Derartige Momente habe ich noch nie erlebt.

 

Zerrissene Kleidungsstücke, verkohlte Schuhe, zerschmolzenes Kinderspielzeug, verbrannte Fahrräder, zerstörte Kinderwagen usw. …- …ihr werdet in Gesichter sehen, die entstellt, verbrannt und verstümmelt wurden. Und dies nicht nur in Großaufnahmen, sondern ein Teil der Angestellten, die euch durch das Museum begleiten, leiden sichtlich unter den Nachwirkungen der Strahlung. Das Betreten jedes einzelnen Raumes war für mich eine wahre Folter und eine grenzenlose Quälerei. Ihr kennt diese grausamen Abbildungen, von Menschen deren Schäden durch die Strahlung gezeigt werden. Im Friedensmuseum sind es keine willkürlichen Bilder, die Opfer sind real und beobachten euch aus nächster Nähe. Nachdem ihr den letzten Ausstellungsraum besucht habt, führt ein langer, leer stehender Weg zurück zum Eingang. Hier sitzen die Besucher Seite an Seite und versuchen das Gesehene einzuordnen und zu verarbeiten. Ihr müsst mir glauben, wenn ich euch schildere, dass hier keine einzige Menschenseele war, die nicht gegen die Tränen ankämpfte oder die Emotionen einfach frei laufen ließ.

 

Eigentlich wollte ich die letzten zwei bis drei Tage meine Japanreise in Nagasaki verbringen, um mir den zweiten Tatort ansehen zu können. Aber darauf musste ich verzichten, ich benötige ein wenig Erholung und Reflexion, um aus diesem Tief wieder halbwegs herauszukommen. Im Moment weiß ich nicht, wie ich das Erlebte verarbeiten soll, in den letzten zehn Monaten hat sich schon einiges zusammen gesammelt.

Mein Fazit: Japan ist einzigartig und faszinierend, speziell und eigen …- …ich denke, jeder wird das Land der aufgehenden Sonne auf seine verrückte Art und Weise lieben. Kultur, Technik, Tradition und Schicksalsschläge, alles vereint. Die Wintermonate sind extrem kalt, dafür halten sich die Niederschläge in Grenzen. Die wunderbaren Parks mit ihren Kirschblüten könnt ihr natürlich im Winter nicht besuchen, deswegen solltet ihr eure Besuchszeit genau überlegen.

 

Sicherheit: Tokyo ist gleichzeitig die größte und sicherste Stadt der Welt, wie immer das auch möglich ist? Allgemein ist Japan aller Voraussicht nach das sicherste Reiseland unseres Planeten, sollte nicht gerade eine Naturkatastrophe unterwegs sein.

 

Kosten: Ja, Japan geht ins Budget. Über das europäische Preisniveau angesiedelt, aber mit der Zeit werdet ihr auch hier Sparmöglichkeiten finden, um halbwegs günstig durch das Land zu reisen.

 

…das unbekannte Südkorea 🇰🇷 wartet auch mich! Ein Staat, der sich derzeit im Krieg befindet…

 

Hier gehts nach Südkorea 🇰🇷
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