Europa

Das Vampir-Schloss 🇸🇰

Burgen und Schlösser, Schlösser und Burgen, Burgen und Schlösser… Wer auf diese historischen Bauwerke steht, wird die Slowakei 🇸🇰 als sein persönliches Disneyland bezeichnen. Die Dichte ist mit keinem anderen Land vergleichbar und im Kontrast zu ihren Nachbarländern erliegen die slowakischen Werke (noch) nicht dem wiederkehrenden Massentourismus. (Na, hoffentlich ändert sich dies mit meinen Berichten nicht, aber bei meiner treuen Anzahl an Leser*innen, wer weiß? 😅)

Während sich im, gerade einmal 100 Kilometer entfernten Schloss Bojnice, Massensammlungen an Menschen durch die Gassen quälen, die ich nur von den Pre-Corona-Zeiten kannte, als sich noch unzählige asiatische Reisegruppen mit Selfiesticks gegenseitig attackierten, erlebte ich die Burg Orava a.k.a. Arwaburg exklusiv für mich. Dies gab mir auch die Möglichkeit mich Schritt für Schritt in die Festung zu verlieben, mich mit ihrer tragischen und skurrilen Geschichte auseinander zusetzen und sie stellvertretend für das „Burgen-und-Schlösser-Land“ No. 1 in meine Kategorie Nebengeräusche aufzunehmen.

Die Arwaburg ist eine unheimliche und majestätische Festung, welche auf einer 112 Meter hohen und äußerst steilen Felsklippe liegt und vom Fluss Orava umrundet wird. Das Bauwerk stammt aus dem 13. Jahrhundert und ist nur über gut 800 (!!!)🥵 Stufen zu erreichen. Bevor wir jetzt zum geschichtlichen Teil kommen, sei noch eines angemerkt: Die Burg ist definitiv nicht die Größte, weder die Schönste noch die Fotogenste des Landes (was ich herumgeirrt, herumgelaufen und herumgeklettert bin, um das Teil halbwegs auf ein Bild zu bekommen 😅 🙈), aber der Ausblick: sagenhaft! Die Atmosphäre: gespenstisch schön! Die Architektur: fesselnd und unnachahmlich!

Seit ihrer Fertigstellung wechselte die Burg ihren Besitzen öfters als andere Menschen ihre, na ja ihr wisst schon. Zuerst gehörte sie den Kroaten 🇭🇷, dann den Ungarn 🇭🇺, später dem böhmischen Reich, irgendwann einmal den Habsburgern 🇦🇹, den Polen 🇵🇱, dem Königreich Siebenbürgen 🇷🇴, den Litauern 🇱🇹 oder der Slowaken 🇸🇰. In ihrer Blütezeit hatten die Mongolen die Herrschaft 🇲🇳 und schlussendlich fiel sie in die Hände der Nazis, welche sie als Garnison verwendeten. Heutzutage ist das Bauwerk verstaatlicht und dient als National- und Heimatmuseum.

Aber was erzeugt diese besondere, spukhafte Atmosphäre? Ein berühmt-berüchtigter Name: Nosferatu! Die Figur des Nosferatu ist außer Zweifel jeden von euch ein Begriff, aber wer war dieser Mann? Gab es ihn wirklich? Geistert seine Seele noch immer durch die Innenräume der Arwaburg? Fragen über Fragen, die ich euch auf jeden Fall beantworten könnte, aber nicht werde, da ich euch die Spannung eures Besuches der Burg Orava nicht nehmen möchte.

So viel sei verraten: Graf Orlok a.k.a. Nosferatu ist eine nicht autorisierte Adaption von Bram Stokers Roman Dracula und mutmaßlich eine der legendärsten Sagengestalten unsere Epoche. 1922 diente die Burg als Drehort für den vermutlich ersten und wichtigsten Vertreter des Horror-Films 🎬 „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens“. Murnaus Film war hauptverantwortlich für den Schritt in eine neue Ära und lies seine Gestalt lebendig werden. Die Handlung des Meisterwerkes spielte zwar in den rumänischen Karpaten 🇷🇴, allerdings diente unsere Burg und deren Umgebung als Hauptdrehort. Selbstverständlich muss ich zugeben, dass die Verantwortlichen ein klein wenig mit der berühmten Connection prahlen, aber hey? Hier ist eine neue Periode des Horrors und deren Vampir-Geschichten entstanden, also sind diese Methoden völlig verständlich. (Mittlerweile diente die Burg u.a. als Drehort und Inspiration für die Netflix Serien „Dracula“ und „The Witcher“.)

Ich kann meinen Wagen einigermaßen unkompliziert (was in der Slowakei eine Rarität ist) am Fuße der Burg abstellen und kämpfe mich Stufe für Stufe, für Stufe, für Stufe hoch. Aktuell beträgt die Eintrittsgebühr 3 Euro und mir war zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst, dass ich meine anschließenden Pläne deutlich verzögern werden, denn unter drei Stunden hat man nur schwerlich die Möglichkeit einen gewissen Eindruck zu bekommen.

Ein seltsames, aber wunderbares Gefühl, in aller Einsamkeit und Gelassenheit geht es Stufe für Stufe, Stock für Stock, Treppe für Treppe und Raum für Raum immer höher hinauf, bis ich schlussendlich den Turm erreiche. Dieser charmante Mix aus Nostalgie, Geschichte und Pop-Kultur sorgt für ein unvergleichliches Erlebnis. In einem Moment bin ich damit beschäftigt, die Chronologie zu verfolgen, bewundere das Waffenarsenal und die bombastischen Gemälde der ehemaligen Burgherren und im nächsten Augenblick erschrecke ich innerhalb (ich fürchte auch äußerlich) kurz auf, weil sich wieder eine Sagengestalt hinter einer finsteren Ecke versteckt hielt.

Know Before You Go: Am Fuße der Burg befinden sich ausreichend Parkmöglichkeiten. Die aktuellen Öffnungszeiten sind täglich von 09.30 bis 15.00 Uhr. Nehmt euch genug Zeit für die Erkundung und vergesst auf keinen Fall einen Spaziergang durch, den am Fuße der Burg gelegenen Ort, Oravský Podzámok. Ein kleines, authentisches slowakisches Dorf, was euch den einen oder anderen Blick auf die komplette Anlage ermöglicht.  Visit Website!