Europa

Die Geheime Superwaffe 🇱🇻

Während des Kalten Krieges versteckte die sowjetische Armee eine rätselhafte Waffe an einem streng geheimen Ort entlang der lettischen Ostseeküste. Das Objekt der Begierde trägt den Namen RT-32 und gehört zu den größten Radioteleskopen unserer Welt. Das Gesamtgewicht beträgt mehr als 600 Tonnen und allein die Antenne erreicht eine Höhe von 32 Metern. Bis zum heutigen Tag bleibt es mir ein Mysterium, wie es möglich war, diese Spionageanlage in den lettischen Wäldern zu verstecken. 

Wie ihr es bereits gewohnt seid, könnt ihr über die Google Maps Karte den Standort lokalisieren. Zoomt geradewegs einmal hinein und erklärt mir bitte, wie man dieses gigantische Teil über Jahrzehnte verstecken konnte. Zugegeben, ich habe das Teleskop auch nur durch Zufall entdeckt. An der nördlichen Küste des Landes führte mich einer meiner geliebten Geocaches zu einer weiteren verlassenen Geisterstadt mit dem Namen: „Secret Cities of Irbene“.

Die Erkundung der zerfallenen Stadt sorgte selbstverständlich wieder einmal für reichlich Adrenalin und Vergnügen, bis ich durch die Maschen eines Stacheldrahtzaunes folgendes entdeckt habe 😱😱:

Meinen restlichen Tag verbrachte ich ausschließlich mit einem einzigen Gedanken: Wie zur Hölle komme ich dorthin? Wen muss ich bestechen, um mir einen Zugang zu erkaufen? Wie legal oder illegal wird dieses gewagte Vorhaben enden?

Abends einquartiert, in meiner kleinen wildromantischen Holzhütte, startete ich unverzüglich mit meiner Recherche und stellte fest, dass dieses riesige Radioteleskop noch in Betrieb ist und der Universität von Riga gehört. Am darauffolgenden Tag versuchte ich verzweifelt jemanden von der lettischen Akademie der Wissenschaft zu erreichen, um nähere Details zu bekommen. Und siehe da: Nach Voranmeldung werden Gruppentouren für mindestens zehn Personen angeboten. Ich verspürte eine gewisse Erleichterung, da die Chance besteht dieses bombastische Bauwerk legal zu besichtigen, allerdings hatte ich zwei Herausforderungen: Erstens: Ich hatte kaum noch Zeit und zweitens: Mir fehlten genau noch neun andere Leute, um auf die gewünschte Mindestanzahl zu kommen. Ich setzte all meine Leidenschaft, meinen Charme und meine unnachgiebige Hartnäckigkeit kompromisslos ein und siehe da … – … zwei Tage später stehe ich vor einem der größten Teleskope unserer Welt, aber zuerst einmal der Reihe nach.

Mit der streng geheimen Abhöranlage spionierte die ehemalige Sowjetunion die NATO Staaten aus. Als sich die Sowjetarmee 1993 ruckartig zurückzog, versuchte man noch alle Spuren zu verwischen, indem sie die gesamte Anlage verminten. Zum Glück scheiterte dieses Vorhaben und die lettische Regierung konnte innerhalb weniger Jahre die Schäden reparieren, das chiffrierte Bedienungssystem entschlüsseln und die Einrichtung wieder in Betrieb nehmen. Heutzutage dient es nicht mehr der Belauschung mächtiger Staatspräsidenten und deren schmutzigen Geheimnisse, sondern unterstützt Astronomen bei der Erforschung unterschiedlicher Himmelskörper.

Die Akademie schickte mir einen motivierten Studenten und schenkte mir gleichzeitig eine exklusive Führung durch das Reich des Kalten Krieges. Drei gigantische Radioteleskope und zahlreiche Gebäude aus der sowjetischen Ära verstecken sich im geschützten Waldgebiet. Ähnlich wie beim gigantischen Woodpecker in Tschernobyl 🇺🇦 wurden die geheimen Anlagen erfolgreich versteckt gehalten.

Auf dem obigen, großen Bild seht ihr das RT-32 Radioteleskop und dessen kleine Schwester, das RT-16, durfte ich erklimmen. Ein unvorstellbares Gefühl über diese alten, rostigen Leitern hochzuklettern, um sich auf den gelben Metallschirm des Teleskops zu sonnen. Das Gebiet ist umringt von dichten Wäldern und trockenen Sanddünen und erst durch diese Aussicht wurde mir bewusst, warum diese Anlange über viele Jahrzehnte unentdeckt blieb.

Nach dem Motto: „Was einmal oben ist, muss auch zwangsweise irgendwie wieder hinunter“, musste ich jegliche Komfortzone verlassen und diese klapprigen Leitern wieder herabklettern. Meine Knie zittern umgehend wieder, wenn ich an diese Momente zurückdenke. Mein Guide musste eine Menge Geduld aufbringen und mir detailgetreu, die geheime Technik des sicheren Abgangs, erklären. Buh, einmal ganz tief durchschnaufen.

Während ich unglaublich froh war, wieder heil den Boden unter meinen Füßen zu spüren und bereits den Gedanken startete, wo sich dieser Tag in den Top 10 meines „Best Days of my Life“ Ranking einreihen wird, fragte er mich, ob wir uns den großen RT-32 aus der Nähe ansehen möchten.

Was für eine Frage, bitte? Natürlich! Einen 600 Meter langer, dunkler und stickiger Kabeltunnel, der beide Geschwister miteinander verbindet, musste noch bezwungen werden.  Natürlich ging es auch einfacherer, aber allein schon bezüglich der Dramaturgie passte die Tunnelexpedition perfekt ins Bild.

 Als wir den bunkerartigen Ausgang des Tunnels erreicht haben, stand ich vor dieser märchenhaften Radioanlage. Dieses Strahlen in meinen Augen kann man sich nicht vorstellen. Mein Guide blickte mich stolz und zufrieden an, schnappte sich sein Mobiltelefon, tippte darauf herum und sagte: „That’s just for you!“. Der Rest ist Geschichte, aber seht selbst:

Video abspielen

Know Before You Go: Das Ventspils International Radio Astronomy Center liegt eine gute halbe Stunde von der lettischen Stadt Ventspils entfernt und kann im Zuge einer organisierten Gruppentour besichtigt werden. Visit Website!