Ukraine

Stand Mai 2019: Aktuell befindet sich die Ukraine im Kriegszustand. Derzeit werden acht Prozent der Landesfläche des Staatsgebietes (also gewissermaßen das Burgenland) von der Russischen Föderation 🇷🇺 besetzt. Für die Ukraine gibt es eine partielle Reisewarnung, aber bedeutet dies gleichzeitig Gefahr? Sieht und fühlt man die Unruhe und Unsicherheit der Einwohner? Mit einem Wort: Nein! Ein wunderbares, lebhaftes, offenes und freundliches Volk. Ich berichte euch von meinen Lieblingsplätzen und vom wohl süßesten Museum der Welt (mit der kompetentesten und herzigsten Mitarbeiterin überhaupt). Abschließend sprechen wir noch über die Ereignisse des 26. April 1986, welche die Welt für immer veränderten.

„Lost in Kiew“ könnte man diesen Bericht ebenso betiteln. Vorweg allerdings drei entscheidende Survival-Tipps, die das tägliche Leben und Überleben, in der 2,5 Millionen Einwohner Metropole, deutlich einfacher gestalten.

✔ Organisiert euch unbedingt eine ukrainische Prepaid Karte. Diese Lebensversicherung bekommt ihr an jeder Ecke und ist erschwinglich. Euer Smartphone, eure Nerven und euer Zeitmanagement wird es euch danken …- …ohne eine Navigation seid ihr sprichwörtlich „verloren“ in dieser lebhaften, wunderbaren, aber völlig chaotischen Stadt.

 

✔ Nie hätte ich mir gedacht, dass kleine grüne Münzen das wichtigste Gut sein könnten. Die Metro wird euer allerliebster und allerbeste Freunde werden. (So ziemlich das einzige, was in englischer Sprache ausgeschrieben ist und die Chance, dass man in den richtigen Zug, bzw. in die richtige Richtung einsteigt, liegt immerhin bei 50 Prozent 😅). Schnappt euch am Schalter gleich eine Handvoll dieser kleinen Münzen. Vertraut mir, ihr werdet es mir ewig danken.

 

✔ Stramme Waden (oder Wadeln?, wie auch immer 😉), perfekte Schuhe und eine gewisse Grundkondition sind Voraussetzung. Alle wichtigen Sightseeing Spots sind zu Fuß erreichbar, allerdings liegt die ukrainische Hauptstadt über mehrere Hügel verteilt. Und mit Hügeln meine ich nicht Grazer Schlossberge, sondern schon eher Mount Everest artige Züge (na ja, vielleicht ein klein wenig überspitzt formuliert, aber die Waden (Wadeln 🤔) brennen immer noch).

 

Wer unseren litauischen Giedrius 🇱🇹 in sein Herz geschlossen hat, der wird den ukrainischen Max ebenfalls lieben. Vor meiner Abreise habe ich Max über eine „Underground“ Plattform kennengelernt. Max bezeichnet sich selbst als „Digger“ und seine Spezialität ist es private Touren zu veranstalten, die eine etwas andere Geschichte, über Kiew erzählen. Wie legal oder illegal das alles eigentlich ist, möchte ich nicht beurteilen (die Dokumente, die ich vorab unterschreiben musste, machten einen sehr seriösen Eindruck 😅). Ja, ihr dürft mitkommen! Nein, ich übernehme nicht die Verantwortung für euch. Jeder ist für sein Handeln und Tun selbst verantwortlich. Eure Entscheidung! Die Mutigen zu mir, der Rest springt bitte einen Absatz weiter.

 

Wir treffen uns mit Max in den frühen Morgenstunden an einer abgelegenen U-Bahn-Station. Ein britisches Pärchen ist auch mit von der Partie und wir beschnuppern uns gegenseitig ein wenig, was unsere Ideen und Erwartungen, für diese Tour, betreffen. Max springt aus einem klassischen 80er-Jahre Lieferwagen und gibt uns einer Sicherheitseinschulung. 30 Sekunden später 😅 kennen wir uns aus (eigentlich nicht, aber egal 😅),  wir sind zu aufgeregt für irgendwelche sinnvollen Fragen zum Thema Sicherheit und Schutz und wollen endlich loslegen.

 

Ausrüstungscheck: Wir bekommen eine Taschenlampe, schnittfeste Handschuhe, Schutzstiefel und so eine Art Strampelanzug. Startbereit und vollgepackt geht es Richtung Einstieg. Das Thema „Einstieg“ muss ich kurz erläutern: Ein einfacher, verrosteter, dubioser Gully Deckel, irgendwo zwischen verlassenen Häusern, der nur mit voller Manneskraft angehoben werden konnte (ja, sogar wir haben unseren Teil dazu beigetragen 💪). Runter mit euch! 🤔 Das Thema „Runter“ muss ich kurz erläutern: Eine finstere, klapprige, verrostete Leiter hinunter, die von einem aromatischen Geruch 🤢 begleitet wird, deren Ende man nicht kommen sieht. Ach, ihr wollt unbedingt zuerst, na dann! Das ist schon ein geiles Gefühl, oder? Nach einer gefühlten Ewigkeit endlich wieder Boden (oder irgendeine schwammiger, flüssige Masse) und seinen Füßen zu spüren? Durchzählen: 1-2-3-4 alle da! Nicht mit der Lampe ins Gesicht blenden 😡! Riecht ihr das? Das sind … ah, lassen wir das lieber 😅. Nachdem sich das Adrenalin etwas gesenkt hat, kurz ein paar nützliche Informationen. Das komplette Tunnelsystem ist um die 190 Kilometer lang und wird von den Diggern laufend aufs Neue erforscht. Obwohl Max sein halbes Leben bereits in diesen Tunneln verbracht hat (leider sieht man ihm diese Tatsache an 🙈) konnte er erst einen Bruchteil erkunden. Er verfügt über ein eigenes Kartenmaterial, in dem er die versteckten Räume und Utensilien markiert und hoffentlich auch die Notausgänge.

 

Der Großteil der Tunnel wird heutzutage nicht mehr für das Abwassersystem verwendet, deswegen hat der eklige Geruch andere Gründe, welche wir aber nicht näher erläutern möchten. Unser Tunnel wird immer enger, die Menge des Wassers, welches uns entgegen schießt, immer mehr, und wir kriechen bereits auf allen Vieren durch die Dunkelheit. Wir gewöhnen uns langsam an die Stille und diese komplette Abgeschiedenheit. Wir vertrauen Max und folgen ihm blind durch die finstere Unterwelt. Gute zwei Stunden dauert unser erstes Abenteuer. Wir kriechen, robben, klettern Leitern empor, spielen mit dem „Echo“ und spüren die kontinuierlich stärker werdenden Schmerzen in den Füßen und im Kreuz.

 

Kurz bevor wir wieder das Licht erblicken hat Max noch eine Überraschung für uns parat. Wir verweilen in einem größeren Raum und Max baut sein mitgebrachtes Equipment auf. Ein Stativ, eine Kamera und einige Leuchtraketen …- …und nun startet ein einzigartiges, sensationelles Fotoshooting mit uns, als Hauptdarsteller. One oft he greatest moments in my life.

 

Während wir die Leiter zum Ausgang emporklettern, stellen wir uns die alles entscheidende Frage: Warum zur Hölle tun wir uns so etwas überhaupt an, und wieso haben einen unglaublichen Spaß dabei? Wenn ihr jetzt im Glauben seid, das Abenteuer sei damit abgeschlossen, dann irrt ihr, denn jetzt kommt der richtig geniale Teil. Max lässt uns von seinem Chauffeur abholen und wir fahren in einen verlassenen Hinterhof. Wir folgen unserem Guide durch dieses zerstörte und verwahrloste Industriegebiet, bis wir eine dicke Stahltür erreichen, welche durch ein Eisenschloss geschützt ist. Wie sollen wir da bitte hineinkommen🤔?

 

Ah, Max hat einen Schlüssel! (Diese Zugänge werden von der Polizei und dem Militär versperrt. Die Digger knacken diese Schlösser und tauschen sie gegen ihre eigenen aus). Unser Digger beichtet uns, dass er seine Route oft spontan planen muss, da dieser Schlosstausch nicht selten einmal rückgängig gemacht wird. Was hinter dieser fetten Stahltür auf uns wartet, ist der absolute Inhalt meiner intimsten Träume. Wir folgen ihm quer durch dieses Schlachtfeld, immer tiefer und tiefer in das Gebäude hinein. Max hat vor wenigen Wochen diesen ehemaligen KGB Bunker entdeckt. Er versichert uns: Hierher führe ich nur Leute, die nicht aus der Ukraine stammen und keine politischen Absichten haben. (Er will dieses Schmuckstück so lange wie möglich geheim halten).

 

Ab jetzt ist alles nur mehr blanker Wahnsinn. Die verlassenen Räume sind voll von Utensilien aus dem Kalten Krieg. Massenweise sammeln sich Holzkisten an, die wir öffnen können. Es ist vollständig dunklen und unheimlich ruhig, aber mithilfe unserer Taschenlampen stöbern wir eine Kiste nach der anderen durch. Bücher, Zeitschriften, Landkarten, Alarmsysteme, Funkgeräte, Medizinkoffer, Atemschutzmasken etc. alles, aber auch wirklich alles, was das Herz begehrt, können wir hier finden. Ich bin nicht im Bilde darüber, wann ich mich schon einmal so frei gefühlt habe. Ja, frei! Frei, in einem ehemaligen KGB Bunker unter den Straßen von Kiew. Vandalismus – Fehlanzeige! Vollkommen unberührt, alles im Originalzustand …- …ohne Worte, einfach nur ohne Worte. Es kommt leider öfters vor das ein Digger von den Behörden erwischt wird und die Zugänge anschließend gesperrt werden, deswegen versucht Max immer wieder neue Wege zu entdecken.

 

Ich besuchte Museen in Polen 🇵🇱, Litauen 🇱🇹 oder Belarus 🇧🇾, die sich mit dem Thema KGB und dem Kalter Krieg auseinandersetzen, aber hier, in der Unterwelt der Ukraine, war Geschichte für mich, noch nie so nahe, wie in diesem Moment. Ich weiß, ich bin ein wenig verrückt und meine Vorlieben sind definitiv gewöhnungsbedürftig, aber ihr müsst schon zugeben, das war ein unfassbarer, geiler Trip durch die Vergangenheit.

Kiew beherbergt unzählige Kunst-, Kultur oder andere berühmte Museen, aber in Erinnerungen geblieben ist mir nur eines. Wegen der Einzigartigkeit (es ist im Guinness-Buch der Weltrekorder vertreten), wegen der seltsamen Ausstellungsstücke und vor allem wegen dieser herzigen und kompetenten Mitarbeiterin, die mich durchs kleine, aber feine Museum führte. Ich durfte noch nie einen Menschen kennenlernen, der so leidenschaftlich über seine Ausstellungsstücke referiert hat. Willkommen im einzigen, weltweit historischen Toiletten Museum 🚽.

 

Ja, so was bracht die Welt! Es ist phänomenal skurril, informativ und interaktiv. (Es beinhaltet ein einiges Kino, wo man u.a. die Top 21 der seltsamsten Toiletten der Welt präsentiert bekommt). Wusstet ihr, dass man für eine Weltraummission eine eigene „Sch**ß Schulung“ bekommt? Apropos Schulung: Meine leidenschaftliche Vorträgerin erklärte mir sehr detailliert, wie man die richtige Sitzposition einnimmt, damit man keine bleibenden Schäden erleiden kann 😅. Laut ihr kann sch**ßen tödlich sein! Unsere Welt hat auf ein Museum gewartet, in dem Alt und Jung richtig sch**ßen 💩 lernen! Oh mein Gott, wie sehr liebe ich diese Weltreise 🥰.

 

Kiew ist eine zauberhafte Stadt mit vielen sauberen Parkanlagen und freien Plätzen. Die Einwohner sind glücklich, weltoffen und neugierig. Obwohl die Sprachbarriere nicht zu unterschätzen ist, kommt man mit dem Einheimischen einfach in Kontakt. Westeuropäische Touristen sind relativ selten, deswegen kommt man sich als Österreicher schon etwas besonders vor. Das ukrainische Volk ist enorm Song Contest 🎶 besessen, deswegen war unsere C. Wurscht das meistdiskutierte Thema. (2017 war Kiew Austragungsort).

 

Entlang der Dnepr habt ihr die Möglichkeit, die Flaniermeile Riverside kennenzulernen. Hier tobt das Leben: traditionelle Stände, einheimische Musik, kleine Kaffeehäuser, Künstler und Händler …- …eine wunderbare, authentische Gegend, um in die ukrainische Welt einzutauchen. (Bonus: das Essen! Das ukrainische Essen 🥰. Eigentlich müsste ich einen eigenen Artikel schreiben, nur wegen der ukrainischen Kulinarik. Stichwort „Soljanka“ !)!

 

Der Besuch des Unabhängigkeitsplatzes (Majdan Nesaleschnosti). Ein beispielloser, historischer, prachtvoller Platz, der aber seine Blutspuren hinterlässt. Gerade einmal sechs Jahre sind vergangen, als das Militär die Aufstände auf brutale Art und Weise niederschlug. Es wurde wahllos in die Menge geschossen und getötet. Umringt ist der Platz von Blumenkränzen und Gedenktafeln, welche an die Opfer dieser Tragödie erinnern.  

 

Ich könnte jetzt noch vom olympischen Stadion schwärmen (traumhafte Anlange; für kleines Geld habe ich mir ein Spiel von Dynamo Kiew ⚽ angesehen) oder von der Nationaloper (Ja, ich war in der Oper …- …das erste Mal in meine Leben! Tendenz: höchstwahrscheinlich das letzte Mal 😅).  The Sleeping Beauty 🩰 stand am Programm. Die Tickets am Vorabend für einen unschlagbaren Preis von 5 Euro organisiert und meine erste Ballettveranstaltung genossen. Ich könnte euch noch von so vielen anderen Sehenswürdigkeiten erzählen …- … kurze Feststellung: I 💓 this city!

 

Weiter geht’s im Text! Kiew, WOW, ich sage es euch, ein Kapitel noch.

 

Monumente, Kirchen und Klöster – klingt langweilig, oder? Nein, nein und noch mal nein! Nicht in Kiew. Überragend ist die Mutter-Heimat-Statue. Sie zählt weltweit zu den größten Statuen unserer Erde. Dominant und mächtig steht sie, auf einem hundert Meter hohen Hügel, und lässt alles herum in Ehrfurcht erblassen. Wenige hundert Meter entfernt liegt die schönste Kloster-Anlage Europas. Das Kiewer Höhlenkloster ist nicht umsonst ein UNESCO-Weltkulturerbe. Genug Zeit für die Erkundung der Anlage mitnehmen, sie ist flächenmäßig äußert groß und über den ganzen Hügel verteilt. Auch hier hielt sich der Touristensturm in Grenzen, deswegen war es möglich dieses magische Gefühl in aller Ruhe aufzusaugen. Ordensschwestern und Mönche zeigen euch dieses moderne Weltwunder. Begegnet ihnen mit Abstand und Respekt, haltet euch an die Kleidervorschriften und ihr werdet mit einem absoluten Höhepunkt belohnt: das Höhlensystem. Mit einer Kerze geht es hinab in die unterirdischen Tunneln, welche ihr auf eigene Faust erkunden könnt. Wieder einer dieser „Jäger des Augenblicks“ Momente. Allein, im fackelnden Licht der Kerze, die ein besonderes Aroma versprühte, die unterirdischen Grabkammern zu erkunden – Gänsehaut.

 

Die nächsten Faszinationen warten auf uns. Diese wunder, wunder, wunderschöne, gelbe Sophienkathedrale (unbedingt ein Ticket lösen und rauf mit euch auf den Glockenturm …- … Sagenhaft). Diese zauberhafte, grüne Andreaskirche …- …dieses magische, blaue St. Michael Kloster… und so weiter … Ihr spürt es, oder? Diese Stadt ist märchenhaft und ich habe gerade einmal angefangen von Kiew zu schwärmen.

 

Das Kyiv Academic Puppen Theater bietet ständig Aufführungen der besonderen Art. Hände in die Höhe, wer war noch nie in einem Puppentheater? Ein weiterer Grund für euren Besuch in Kiew. Die Holodomor Gedenkstätte (nein, diesmal keine traurigen Geschichten über Massenmord etc.), aber am Rande dieses Denkmals steht die Statue eines kleinen Mädchens. Diese Augen, dieser Blick, sie hat mich so in den Bann gezogen und fasziniert. Das Museum der Mikrominiaturen liegt direkt im Kiewer Höhlenkloster. Hier gibt’s das kleinste Buch, die kleinste Statue oder die kleinste Zeichnung der Welt zu sehen und das alles nur durch ein Mikroskop. Oder dieses hässliche, weiße Gebäude, welches ihr in der Galerie sehen, könnt ist das Krematorium (nein keine Angst, keine Friedhofsgeschichten – diesmal verschone ich euch), aber dieses „unwiderstehliche“ ehemalige sowjetische Gebäude, verdient eine Erwähnung.

26. April 1986 ereignete sich die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl. Wie kam dieses Unglück zustande? Welche Auswirkungen hatte es auf Natur und Mensch? Wer war dafür verantwortlich? Viele dieser Fragen werden in unzähligen Dokumentationen und Berichten beantwortet, deswegen beschränke ich mich auf meine Eindrücke und die dadurch entstandenen Emotionen. (Vorweg: Niemand muss hier meiner Meinung sein und jeder kann diese Art von Tourismus hinterfragen und kritisieren, aber ich versuche makellos offen und transparent mit meinen Eindrücken umzugehen).

 

Wie komme ich in diese Kernzone rein?

 

Um den Unglücksreaktor herum wurde eine 30 Kilometer breite Sperrzone errichtet. Diese kann man nur im Zuge einer geführten Tour passieren. Die Anbieter sind begrenzt, deswegen heißt es zeitig eine Tour buchen. (Diverse Dokumente müssen vorher eingereicht werden).

 

Welche Arten von Touren gibt es?

 

Ein,- zwei oder Mehrtagestouren. Tschernobyl ist nur gute 100 Kilometer von Kiew entfernt. Die Straßenverhältnisse sind aber gemeingefährlich, deswegen dauert die Fahrt mindestens zwei Stunden. Die Kontrollen und der Sicherheitscheck noch einmal mindestens eine Stunde also zahlt sich eine Ein-Tages-Tour überhaupt nicht aus.

 

Welche Sicherheitsmaßnahmen gibt es?

 

Vor Ort unterschreibt man einige Dokumente und garantiert damit, sich an die Verhaltensregeln zu halten, was auch unbedingt notwendig ist, denn alles andere führt zu ernsthaften Konsequenzen. Zum Beispiel: Immer bei der Gruppe bleiben, die Haut schützen (lange Hose, langes Shirt), nichts anfassen, nichts auf den Boden stellen, nicht rauchen, nichts entwenden, keine Gebäude betreten usw.

 

Wie ist die Strahlung?

 

Die Strahlung begleitet einen ständig, aber sie ist für diesen kurzen Zeitraum nicht gefährlich. Man muss pausenlos einen Geigerzähler mit sich führen, um die Lage besser einschätzen zu können. Nicht erschrecken, wenn die Geräte auf einmal völlig aus zucken, es gibt immer noch einige Passagen, die deutlich verstrahlter sind. Spätestens dann, sollte man allerdings schleunigst das Weite suchen.

 

Massentourismus oder exotisches Abenteuer?

 

Zugegeben, wie wir am ersten Checkpoint gewartet haben, dachte ich mir: oh mein Gott 🙈. Ein Dutzend Kleinbusse mit Touristen an Board, Guides, die aufgeregt umherlaufen und mehr Sicherheitspersonal und Militär als am Ground Zero in New York 🇺🇸. Allerdings verläuft sich dies alles in der Sperrzone. In den kompletten zwei Tagen (die maximale Anzahl pro Gruppe ist sechs Personen) haben wir keine andere Menschenseele mehr gesehen.

 

Gibt es noch ein normales Leben in der Sperrzone?

 

Es lebt noch eine Handvoll Menschen in dieser Zone. Es gibt ein Restaurant und ein Hotel. Einige hunderte Arbeiter sind noch immer im Kernkraftwerk beschäftigt. Am auffälligsten ist aber die hohe Anzahl an Hunden. Die Tiere werden als menschliche Versuchskaninchen genutzt. Sie tragen einen Transponder um den Hals, welcher ihre GPS Daten und gleichzeitig damit die Strahlung misst. Sie sind äußerst verspielt und bedanken sich für jede kleine Streicheleinheit. Obwohl dies nicht gerne gesehen wird, kann man einfach nicht nein sagen.

 

Wie ist das Gefühl in dieser Geisterstadt herumzugehen?

 

Bitte verzeiht mir meine Ausdrucksweise, aber das ist meine eigene Meinung 🙈: Irre, genial, abartig, geil, aufregend, atemberaubend und was weiß ich noch. Der Anblick der verlassenen Gebäude oder der verwilderten Straßen ist wunderschön. Es ist aufregend zu sehen, wie sich die Natur diese Region zurückholt. Die Chance diese Geisterstadt zu besuchen wird es wohl nicht mehr allzu lange geben. Viele Gebäude sind bereits eingestürzt, was auch der Grund ist, dass diese NICHT MEHR BETRETEN 🚫 werden dürfen! Einige Wege und Pfade sind praktisch nicht mehr passierbar, weil sie vollkommen versperrt sind. Bezeichnet mich als verrückt, wahnsinnig, oder wie auch immer: Dieser Ort hat aber etwas Märchenhaftes.

Was gibt es innerhalb der Kernzone alles so zu entdecken?

 

Duga 2 Radarstation (Woodpecker): Das Monster der Radaranlagen, diese Stahlkonstruktion reicht bis in den Himmel hinauf. Sie ist 120 Meter hoch und wurde mitten in den Wäldern gebaut. Backgroundstory: Sie war eine geheime Abhöranlage der Sowjetunion. Sie wurde jahrzehntelang unentdeckt von den Sowjets betrieben und spielte im Laufe des Kalten Krieges eine wichtige Rolle. Erst nach der Evakuierung der Sperrzone wurde diese Errichtung entdeckt. Einige Quellen vermuten, dass diese Konstruktion mit ein Grund ist, warum man versucht hat, das Unglück zu vertuschen. Es ist einfach nur irre, wie klein man sich fühlt, wenn man dieses Monstrum aus der Nähe betrachtet.

 

Der Freizeitpark von Pripyat: Das Bild dieses verwahrlosten Riesenrades ist der symbolische Inbegriff dieser Katastrophe. Der Anblick ist gespenstisch und fesselnd zu gleich. Der Vergnügungspark wurde nie in Betrieb genommen, die Eröffnung war für den 1. Mai 1986 geplant, fünf Tage nach dem Unglück.

 

Pripyat: Pripyat war eine vorbildliche und moderne Stadt. Hatte mehrere Schulen, ein Rathaus, ein modernes Krankenhaus, eine Veranstaltungshalle und viele moderne Wohnblöcke. Den Großteil der Zeit verbringt man damit, die Überreste dieser Stadt zu erkunden. Offiziell geht man in kleinen Gruppen von Gebäude zum Gebäude, um sie von außen zu betrachten. Inoffiziell wünschte mir mein Guide viel Vergnügen! Viel Vergnügen bedeutet:

 

✔ Sollte eine Patrouille kommen, ruhig verhalten, verstecken und hoffen, dass sie einen nicht finden. (Kein Scherz: Es wird laufend kontrolliert, man muss ständig auf der Hut sein)

✔ Versuchen, die Orientierung zu bewahren. (Das klingt einfach, aber wir sprechen hier von 14 bis 18 stockigen Hochhäusern oder riesengroßen Krankenhauskomplexen)

✔ Nichts angreifen und nichts mitnehmen. (Und damit ist der Spaß vorbei: Die 30 Kilometer Sperrzone ist in mehreren Zonen unterteilt, die man nur durch laufende Sicherheitscheck durchqueren kann. Das bedeutet man wird ständig durch Messanlagen geschickt, die deine Radioaktivität messen).

 

… also wir fassen zusammen: Es ist nicht erlaubt, die Gebäude von innen zu betreten, geschweige den auf das Dach eines 18 stockigen Hochhauses zu laufen, um sich die Auswirkungen der Nuklearkatastrophe von oben anzusehen. Ich kann euch bedauerlicherweise nicht verraten, welche Quelle mir die folgenden Videos und Fotos zur Verfügung gestellt hat.

 

Ich denke diese Videos erzählen mehr als tausende von Wörter und Emotionen, deswegen lasse ich sie einfach einmal auf euch wirken.

Interessant ist der vorher/jetzt Vergleich: Unser Guide hatte alte Schwarz/Weiß Fotos mit, vor der Katastrophe aufgenommen wurden. Ich denke erst durch diesen optischen Vergleich, wurde mir langsam bewusst, was hier alles passiert ist.

 

Unglücksreaktorblock Nummer 4: Ich stehe direkt davor, den Blick auf die Schutzhülle gerichtet. Hier dreht sich der Geigerzähler wie wahnsinnig im Kreis, deswegen können wir nicht lange bleiben. Optisch nicht wirklich aufregend, aber historisch unfassbar …- …die Geburtsstation der Katastrophe.

 

Kinderferiendorf: Es ist ein längerer Fußmarsch durch das dichte Gestrüpp notwendig, um zu einem verlassenen Kinderferiendorf zu gelangen. Beeindruckend und beängstigend gleichzeitig. Kein Vogelgezwitscher, keine Kinderlaute, absolute Totenstille. Das einzige Geräusch, welches mich ständig begleitet, ist das Klirren, der am Boden liegenden Glasscherben. 

 

Kindergarten von Pripyat: Es spielt keine Rolle, was ihr vorher gesehen und gelesen habt. Der Streifzug durch den verlassenen Kindergarten ist das beängstigte, was meine Augen je gesehen haben. Keine Worte, keine Superlative …- …ständig kreist nur eine Vorstellung in meinen Kopf. Wie war es damals hier? Die spielenden Kinder, die überforderten Pädagogen, die wartenden Eltern …

 

Wenn ihr Fragen, Anregungen, Tipps oder Unterstützung benötigt, was den Besuch von Tschernobyl betrifft …- …nutzt bitte den Kontakt Button.

Mein Fazit: Wunderbares Land, welches umgehend mein Herz erobert hat. Bedauerlicherweise ist sich ein Ausflug nach Odessa nicht mehr ausgegangen, dies steht aber ganz weit oben auf meiner Liste. Die Ukrainer sind weltoffen, neugierig und freundlich. Architektur, Religion, Geschichte, Kunst, Kulinarik, Unterhaltung …- … Ich bin mir sicher, hier ist für jeden etwas zu finden.

 

Sicherheit: Auf der österreichischen Seite des Außenministeriums https://www.bmeia.gv.at/ könnt ihr die aktuelle Lage überprüfen. Innerhalb der Ukraine fühlte ich mich zu jeglicher Zeit vollkommen sicher.  

 

Kosten: Die Preise sind in den letzten Jahren stark angezogen, aber für mitteleuropäische Verhältnisse noch immer sagenhaft günstig: Fußball/Oper Ticket 5 Euro, die Fahrt mit der Metro 30 Cent, essen gehen (Puzata Hata) maximal 5 Euro …

 

Aus der Kategorie Dinge im Nachhinein schlauer: Eine SIM-Karte holen und öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Auch geringe Distanzen können hier viele Höhenmeter bedeuten, deswegen die Vorzüge der perfekten Infrastruktur nutzen.

 

Das nächste Ziel hat einen eigenen Staat im Staat und gehört, laut Lonely Planet, zu den Top 10, der am wenigsten besuchten Ländern der Welt. Moldawien 🇲🇩 Calling.

 
Hier gehts nach Moldawien 🇲🇩
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Ukraine-Quiz

1 / 14

Zum Einstieg: Kiew liegt an den Ufern des/der ?

2 / 14

Kategorie ⚽: Der ansässige Heimatverein heißt?

3 / 14

Das Tunnelsystem unter Kiew wird angeblich noch immer vom KGB benützt, was bedeutet diese Abkürzung?

4 / 14

Schätzfrage: Eine der höchsten Statuen Europas, wie hoch ist ihre Gesamterscheinung?

5 / 14

Nach welchem Heiligen wurde dieses Kloster benannt?

6 / 14

Welchen göttlichen Namen trägt dieses Gebäude?

7 / 14

Das einzigartige Toiletten Museum steht nicht umsonst im Guinnessbuch der Weltrekorde, welche Skurrilität kann man hier erleben?

8 / 14

Der Majdan Nesaleschnosti Platz, bedeutet ins Deutsche übersetzt?

9 / 14

Ab nach Tschernobyl: Wann ereignete sich die nuklelare Kathasrophe?

10 / 14

Dieses berühmte Riesenrad war in welcher, heutigen, Geisterstadt angesiedelt?

11 / 14

Die Duga 2 Radarstation trägt den Beinamen?

12 / 14

2019 verfilmte HBO das Unglück, wer spielte eine der Hauptrollen?

13 / 14

Welcher Reaktor flog damals in die Luft?

14 / 14

Wer hat im Physikuntericht aufgepasst? Wie wird der Storm in einem Kernkraftwerk erzeugt?

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