Europa

Das Relikt Auf Der Donau 🇭🇺

Die prächtigen Bilder von diversen, berühmten Seilbahnen der Welt sind uns freilich alle bekannt und vermutlich sind die meisten von uns schon einmal Passagier dieser Verkehrsmittel gewesen, allerdings befindet sich an der slowakischen 🇸🇰 – ungarischen 🇭🇺 Grenze ein kleines, skurriles und in meinen verrückten Augen, wunderschönes Exemplar, welches sich einen Bericht verdient hat.

Am Südufer der Donau liegt die bekannte 30.000 Einwohner Stadt Esztergom. Touristen aus allen Teilen der Welt besuchen das ungarische Stadtzentrum aller Voraussicht nach bevorzugt, um einen Fuß in die mächtigste, ungarische Kirche des Landes zu setzten.

Die Kathedrale „Unserer Lieben Frau und des heiligen Adalbert“ (um einmal den vollständigen Namen erwähnt zu haben 😉) gehört zu den zwanzig größten Kirchen der Welt und ist selbstverständlich einen kurzen Abstecher wert, aber der wahrhaftige Schatz der ungarischen Architektur 😉 befindet sich einige Kilometer flussaufwärts am südlichen Ufer der Donau. (Hier musste ich zusätzlich noch einen leicht ironischen „Zwinker-Emoji“ positionieren, da ich diese Meinung vermutlich exklusiv vertrete – aber treue Leser kennen ja bereits meine bevorzugten Reiseziele und meine spezielle Definition von Schönheit).

Ist dieses Teil ⬆ nicht wunderschön? Die perfekte Location für ein Wedding Shooting inklusive, zweisamer Übernachtung in der Honeymoon-Suite mit malerischer Aussicht. Ein unwiderstehliches, wild romantisches Geisterhaus thront hoch über der Wasserfläche der Donau und sorgt für ein unnachahmliches Gemälde. (Euren Gesichtsausdruck würde ich jetzt gerne sehen 😅).

Die verlassene Seilbahnstation ist ein Relikt aus dem frühen 20. Jahrhundert, in dem der Abbau von Kohle die regionale Umgebung dominierte. Der Kohlenlader wurde vor 95 Jahren (1927) in Betrieb genommen und war bis in das Jahre 1963 im Einsatz. Mithilfe dieser Seilbahn wurden die massiven Kohlenvorräte über den Strom transportiert, um die nördlichen Gebiete der Donau zu versorgen. Unser verwahrlostes Geisterhaus war durch einen Seilzug direkt mit dem Kohlen-Bergwerk verbunden und hauptverantwortlich für die Distribution und Aufschüttung des Rohstoffes auf die zugehörigen Schiffe.

Als der Höhepunkt des Kohlenabbaus bereits längst überschritten war, wurde Mine um Mine stillgelegt. Erst im Jahr 2003 schloss die letzte Kohlenmine ihre Tore für immer und das Kapitel wurde endgültig zu Ende geschrieben. Jegliche Andenken der Vergangenheit wurden entweder verschrottet oder andersartig vernichtet, nur unsere Donau Göttin der Architektur überlebte die Phase und steht seit dem Jahre 2008 unter Denkmalschutz. Auch zu ihrer Blütezeit konnte der Kohlelader von den Arbeiten nur per Boot betreten werden.

Ich überquere die Maria-Valeria-Brücke (von der man übrigens einen wunderbaren Blick sowohl auf die Kathedrale, aber auch auf unsere göttliche Schönheit ergattern kann) und fahre die Donau entlang, bis ich die ehemalige Fährstation erreiche. Ich lasse mein Fahrzeug nur wenige hundert Meter vor meinem Zielobjekt, an einem mehr oder weniger vertrauenswürdigen Feldweg stehen, um meine Liebste persönlich kennenzulernen.

Gute 300 Meter Fußmarsch erwarten mich noch, die durch und durch von der Faszination und Schönheit eines natürlichen Flussufers begleitet werden. Unzählige Stechmücken, tückische Vegetation und leider auch die typischen Müllreste, welche die Menschheit gerne in der Natur entsorgt. Nur noch wenige Meter trennen mich von meinem Geisterhaus, aber erblicken kann ich es erst in letzten Augenblick.

Die dichten Bäume verhindern einen vorzeitigen Anblick des Reliktes und erst als ich den Sand unter meinen Füßen spüre und ganz nah am Wasser angekommen bin, kann ich es sehen. Einfach nur ein traumhafter, wunderbarer Anblick in einer etwas gespenstischen aber mystischen Atmosphäre. Geschichte zum Anfassen und endlich wieder einer meiner sehnsüchtigen „Jäger des Augenblick“ Momente, die das Reisen und Erkunden von eher weniger bekannten Orten so einzigartig machen.

Know Before You Go: Das Relikt kann problemlos rund um die Uhr besucht werden. Ich empfehle euch euren PKW direkt bei der LKW Fähre zu parken (47°46’22.9″N 18°42’33.2″E), dann erspart ihr euch aller Voraussicht nach die eine oder andere Bekanntschaft mit der dornigen Vegetation 🙈 😅.